Jahresbericht 2022

(als PDF: PPS Jahresbericht 2022 online)

Vorwort

Die Schweizer Piraten erlebten ein spannendes aber auch anstrengendes 2022. Mit unseren sehr begrenzten Ressourcen beteiligten wir uns an mehreren Volksinitiativen und Referenden. Bei zahlreichen Vernehmlassungen reichten wir unsere Positionen ein oder kommentierten politische und gesellschaftliche Entwicklungen mit fundierter Kritik. Einige Projekte aus früheren Jahren beschäftigen uns auch immer wieder, wie z.B. das BÜPF, das NDG, die E-ID, etc.

Unsere fundierten Positionen und Einschätzungen finden auch regel-mässig in die Presse und wir werden inzwischen wieder öfter proaktiv von Journalisten angefragt. Ebenso konnten wir mittels Lobbying im Bundeshaus im direkten Gespräch mit Parlamentariern einige Anliegen in Vorstössen platzieren.
Unter dem Label «Digitalpolitische Woche» (piratenpartei.ch/digitalpolitische-woche) halten wir die Öffentlichkeit zu aktuellen und kommenden Themen auf dem Laufenden. Am cyberstammtisch.ch, der jeden Donnerstagabend um 20 Uhr stattfindet, haben wir unzählige Gäste begrüsst, diskutiert, debattiert und neben vielen Interaktionen und Hintergrundinformationen auch Spass gehabt.

Mit dem Referendum gegen den Ausweiszwang (ausweiszwang-nein.ch), gestartet im Oktober und bis kurz vor Frist ignoriert von der Presse, konnten die Piraten fast im Alleingang die breite Masse der Bevölkerung erreichen. Es folgten über 100 Print- und Online-Artikel, Fernsehbericht-erstattung in der Tagesschau und im 10vor10 zeigten wieder einmal, wie wichtig unsere Bewegung ist. Hunderte Anmeldungen für den Newsletter und mehrere Dutzend Neumitglieder waren das Resultat. Auf diesem Wege nochmals ein «Herzliches Willkommen an Bord!»
Getragen von diesem Rückenwind bereiten wir auch eine Volksinitiative gegen Socialscoring resp. Sozialkreditsysteme vor (no-socialscoring.ch).

In der Schweiz zählen wir aktuell gegen 2’000 aktive und passive Piraten. An dieser Stelle auch ein grosses DANKE an all die fleissigen Helfer, die im Vorder- und Hintergrund Recherchen betreiben, Texte schreiben, Mitglieder und SocialMedia betreuen, Projekte organisieren oder unsere Infrastruktur am Laufen halten! Unzählige weitere Bürger zeigen uns immer wieder Sympathien, haben sich aber noch nicht bis zur Anmeldung durchgekämpft. Hilf ihnen dabei, verbreite unsere Infos und den Groove oder lenke sie doch mal auf unser Quiz auf binichpirat.ch.
Wir freuen uns auf ein ebenso spannendes und aus Piratensicht hoffentlich vernünftigeres 2023.

Arrr!

Dein Vorstand

Internes

Der Vorstand der Piratenpartei tagte 2022 an über 40 ordentlichen Sitzungen, aktuell fast jeden Mittwochabend und natürlich öffentlich zugänglich und protokolliert.
Zusätzlich wurden zahlreiche projektspezifischen Sitzungen abgehalten, beispielsweise für Vernehmlassungen, Referenden oder ähnliche Aktivitäten.

Am Cyberstammtisch jeden Donnerstagabend ist immer auch ein Vorstandsmitglied dabei. Auch bei den real-live-Stammtischen versuchen wir häufig, jemanden vom Vorstand zu delegieren.

Leider war die Migration Mitgliederdatenbank auf eine neue, zeitgemässe Plattform immer noch nicht möglich. Wir hatten schlicht zu wenig personelle Ressourcen, um dieses Projekt voranzutreiben. Deshalb waren Anmeldungen, Mutationen, Rechnungstellungen etc. nur mit zusätzlichem personellen Aufwand zu bewältigen und gingen teilweise verloren. Dafür entschuldigen wir uns und versprechen Besserung.

Referendum Lex Netflix

Das Jahr 2022 begann mit einem ersten Erfolg: Am 20. Januar konnten wir das Referendum gegen Lex Netflix erfolgreich einreichen. Die Parole «StreamingStop NEIN!» richtete sich gegen die vom Bund geforderten Content-Quoten von Streaming-Plattformen und privaten TV-Sendern sowie Gebühren auf den Einnahmen, welche wohl direkt an uns Konsumenten weiterverrechnet werden.

Ende März lancierten wir mit anderen Jungparteien die Abstimmungskampagne und fokussierten uns auf die Tatsachen, dass dieses Gesetz internet- und innovationsfeindlich ist und protektionistisch altbackene, lineare Geschäftsmodelle schützt.

Das Volk sagte dann aber am 15. Mai mit 58% JA zu diesem Gesetz. Zumindest in sieben Kantonen gab es ein NEIN und wir konnten somit Achtungserfolge verbuchen.
piratenpartei.ch/2022/01/20/referendum-gegen-lex-netflix-erfolgreich-eingereicht-streamingstop-nein
piratenpartei.ch/2022/03/29/lex-netflix-referendum-kampagnenstart

Vernehmlassungsantwort Gesichtsverhüllung

In unserer Stellungnahme zur Umsetzung des Verhüllungsverbots stellten wir uns klar gegen eine Kriminalisierung von Cosplay und dem Verbot von Augenklappen! Wir hielten diese Vernehmlassungsantwort absichtlich kurz und sarkastisch, um auf die Absurdität der ganzen Regelung hinzuweisen.
piratenpartei.ch/2022/02/04/vernehmlassungsantwort-umsetzung-gesichtsverhuellung

Konsultation des Bundesrates zu den Coronamassnahmen

Im Februar forderten wir die Aufhebung der Zertifikatspflicht im Inland. Sogar der Bundesrat erkannte damals bereits, dass sich ein Virus nicht von einem QR-Code aufhalten lässt und gaukelte damit der Bevölkerung falsche Sicherheit vor. Das Covid-Zertifikat war für uns ein Paradebeispiel fehlgeleiteter Digitalisierung. Im Gegenzug werden nachhaltig wirksame Massnahmen wie Luftfilter in öffentlichen Gebäuden weiterhin komplett ignoriert. Siehe auch unser Positionspapier «Saubere Luft».
piratenpartei.ch/2022/02/08/stellungnahme-konsultation-des-bundesrates-zu-den-coronamassnahmen

Recht auf Reparatur

Nachdem das EU-Parlament einer Resolution zustimmte, forderte auch die Piratenpartei Schweiz, dass Produkte haltbarer und reparierbar gebaut werden müssen. Im Bundeshaus wurden ähnliche Vorstösse wiederholt abgelehnt.

Aus unserer Position: Hersteller müssen zu einer zeitnahen Behebung bekannter Sicherheitslücken verpflichtet werden und internetfähige Geräte müssen über einen langen Zeitraum mit Sicherheitspatches versorgt werden.

Wenn ein Hersteller ein verbreitet eingesetztes Produkt aufgibt, soll eine verpflichtende Veröffentlichung von Quellcode und Werkzeugen erfolgen, damit die Community die Pflege übernehmen kann. Das gleiche gilt für einen etwaigen Konkurs.

Der Kunde muss das Recht haben, auf gekauften Geräten auch komplett eigene Software zu installieren, so dass Eigentümer die Kontrolle über Geräte haben, die sie in ihrem täglichen Leben einsetzen. Benutzer brauchen dazu das Recht, Geräte selbst modifizieren und reparieren zu können.

Unsere Schlussfolgerung war: In der Politik wären Amtszeitbegrenzungen ja sinnvoll, aber die Lebensdauer von Geräten künstlich zu verkürzen ist ein No-Go.
piratenpartei.ch/2022/04/14/eu-parlament-stimmt-fuer-recht-auf-reparatur-hoechste-zeit-fuer-die-schweiz-nachzuziehen

Transparenz bei der Politikfinanzierung

Einer unserer grossen Erfolge war das Zustandekommen der Transparenzinitiative. Im 2016 und 2017 sammelten wir mit anderen Organisationen 110‘000 gültige Unterschriften. Der Bundesrat lehnte unsere Initiative durchwegs ab und es war offensichtlich, dass sich auch National- und Ständerat dagegen stellen. Doch dann wurde im 2018 durch klar angenommene ähnliche kantonale Volksinitiativen in Freiburg und Schwyz ein klares Signal gesendet: Das aufgeschreckte Parlament einigte sich im 2021 auf einen Gegenvorschlag, worauf wir unsere Initiative zurückziehen konnten.

Im März 2022 nahmen wir schliesslich zum Entwurf der Verordnung über die Transparenz bei der Politikfinanzierung Stellung und forderten insbesondere das Schliessen von Schlupflöchern in der geplanten Verordnung sowie zahlreiche Präzisierungen.

Auch kleinere Zuwendungen in der Politik wecken Erwartungen und führen zu Abhängigkeiten. Die Grenzwerte könnten in der heutigen Zeit beliebig tief angesetzt werden, denn die zunehmende Digitalisierung macht eine Offenlegung mit wenigen Mausklicks möglich. Eine analoge Papierbuchhaltung führt heute wohl niemand mehr. Die Piraten gehen deshalb mit gutem Vorbild voran und veröffentlichen jede Spende von natürlichen Personen über CHF 500 und von juristischen Personen ab dem ersten Rappen.
piratenpartei.ch/2022/03/31/vernehmlassungsantwort-zur-verordnung-ueber-die-transparenz-bei-der-politikfinanzierung

Meldepflicht für Cyberangriffe

Im April haben wir unsere Stellungnahme zur Vernehmlassung «Meldepflicht von Betreiberinnen kritischer Infrastrukturen für Cyberangriffe» im Informationssicherheitsgesetz (ISG) eingereicht. Wir forderten insbesondere, dass die Meldepflicht nicht nur für Betreiber kritischer Infrastruktur gelten muss, sondern für alle Organisationen ab einer gewissen Grösse oder die im Auftrag von staatlichen Behörden Aufträge ausführen.

Um den technologischen Risiken langfristig zu begegnen, müssen in der breiten Bevölkerung Digitalkompetenzen und die Ausbildung von Spezialisten in der IT gefördert werden. Die Schweiz muss dringend das Wissen und Know-How aufbauen, um Hard- und Software für kritische Infrastruktur selbst zu entwickeln UND zu produzieren – zumindest in Kooperation mit unseren europäischen Nachbarn. Des Weiteren muss das Produkthaftpflichtgesetz auf digitale Produkte erweitert werden und Hersteller von netzwerkfähigen Geräten müssen verpflichtet werden, über mindestens 5 Jahre Sicherheitsupdates zu liefern. Im Weiteren forderten wir auch nachdrücklich, dass kritische Infrastruktur mittelfristig ausschliesslich mit Open Source Software betrieben werden muss, um nachhaltige und verbesserungsfähige Lösungen zu erhalten.
piratenpartei.ch/2022/04/13/vernehmlassungsantwort-zur-meldepflicht-fuer-cyberangriffe

Verordnung über Fernmeldedienste (Anpassung der Grundversorgungsbestimmungen)

Unsere Hauptkritikpunkte hier sind unzureichende Bandbreiten des Grundversorgungsanschlusses, vor allem im Uploadbereich und in den Randregionen. Die Digitalisierung betrifft nicht nur die Städte und Agglomeration, sondern auch die Wirtschaft auf dem Land: Auch dort ist man auf schnelle Uploadgeschwindigkeiten angewiesen.

Des Weiteren wurden im Gesetz erneut weitere wichtige technische Kriterien nicht festgeschrieben, wie z.B. die Netzwerklatenz. Gerade in Bezug auf Videokonferenzen, VPN- oder Remote-Desktop-Verbindungen ist dies in der heutigen Zeit von grundlegender Bedeutung. Wir vermissen auch eine Verpflichtung zum Angebot von IPv6, ein Thema, das schon seit über 10 Jahren auf dem Tisch liegt und weiterhin nicht im Grundver­sorgungsauftrag enthalten sein soll.
piratenpartei.ch/2022/03/26/vernehmlassungsantwort-verordnung-ueber-fernmeldedienste-anpassung-der-grundversorgungsbestimmungen

Volksinitiative zum Bürgerdienst lanciert – Piraten mit an Bord

In Europa herrscht Krieg. Die Pandemie hat unser Gesundheitssystem an seine Belastungsgrenzen gebracht. Ohne Freiwilligenarbeit wäre manches bereits kollabiert. Extremwetterereignisse drohen aufgrund des Klimawandels häufiger aufzutreten. Die exponentielle Zunahme von Cyberangriffen stellt zunehmend ein gesamtgesellschaftliches Risiko dar. Das Wissen, die Erfahrungen und die Massnahmen dagegen sind heute absolut mangelhaft.

Unser System zur Bewältigung von solchen Krisen ist mangelhaft – es ist im letzten Jahrtausend stehengeblieben. Ein Baustein, der Wehrdienst, und damit der vorgegebene Weg Militärdienst, ist nicht mehr zeitgemäss.

Am Anfang müsste eine schlichte Wahlmöglichkeit stehen, dass alle Mitmenschen einen Bürgerdienst frei wählen können, mit dem jeder unsere Schweizer Gemeinschaft unterstützt. Die damit erworbenen Fähigkeiten des Einzelnen kommen langfristig der Schweiz zu Gute. Deshalb ist die Piratenpartei mit an Bord der Volksinitiative «Für eine engagierte Schweiz (Service-citoyen-Initiative)», welche am 26. April lanciert wurde.

Unterschreibe jetzt noch den beigelegten Unterschriftenbogen!
piratenpartei.ch/2022/04/26/volksinitiative-zum-buergerdienst-lanciert-piraten-mit-an-bord

Geldwäscherei & Kryptowährungen

Auch bezüglich der Teilrevision der GwV-FINMA bezogen die Piraten Position, denn es ist absolut nicht nachvollziehbar, weshalb die FINMA die Schwellenwerte der Identifikationspflicht von Finanzintermediären bei Geschäften mit virtuellen Währungen massiv niedriger ansetzt als bei traditionellen Zahlungsmöglichkeiten. Die FINMA schlägt eine Schwelle von CHF 1’000 pro Monat (!) vor – bei normalen Kassageschäften liegt diese bei CHF 15’000. Wissenschaftlich fundierte Argumente werden für diese Diskriminierung nicht genannt.

Grundlage jeglichen Handelns sollte jedoch die wissenschaftliche Evidenz sein und die Bevölkerung hat zu Recht die Erwartungshaltung, dass die FINMA diesem allgemein gültigen Anspruch auch gerecht wird. Ferner gibt die Piratenpartei zu bedenken, dass die geforderte Grenze eine nicht zu rechtfertigende Überwachungsinfrastruktur für Kleinstbeträge nach sich zieht. Geldwäschebekämpfung ist eine Symptom- und keine Ursachenbekämpfung und gerade deshalb erachtet es die Piratenpartei als besonders wichtig, die Massnahmen streng zu prüfen.
piratenpartei.ch/2022/05/11/stellungnahme-teilrevision-der-gwv-finma

Chatkontrolle mit mehr BÜPF & VÜPF

Die Piratenpartei war entsetzt über die Teilrevision der Ausführungverordnungen des BÜPF (Bundesgesetz über die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs) und die darin enthaltene tiefgreifende Ausweitung der Überwachung in den Kernbereich der Privatsphäre aller. Viele Artikel verstossen nicht nur klar gegen Grund- und Menschenrechte, sondern auch gegen das Versprechen, dass mit der Revision nur eine Anpassung an die technologischen Neuerungen wie 5G erfolge und die Überwachung auf gleichem Niveau gehalten werde.
Unser Hauptkritikpunkt an der Teilrevision des VÜPF ist die Einführung einer Chatkontrolle durch die Hintertür. «(…) entfernt die von ihr oder für sie angebrachten Verschlüsselungen. Sie erfasst und entschlüsselt dafür den Fernmeldeverkehr der überwachten Person an geeigneten Punkten, damit die Überwachungsdaten ohne die vorgenannten Verschlüsselungen geliefert werden.» Mit dem geplanten VÜPF kann damit jegliche private Kommunikation jeder einzelnen Person durchleuchtet werden.

Diese neuen Paragraphen sind ein Frontalangriff auf die Digitale Unversehrtheit aller. Mit dem Ausspionieren jeder Nachricht wird nun der Kern unserer Privatsphäre angegriffen. Das widerspricht eindeutig unserer Verfassung. Und diesmal wurde eine Verordnung missbraucht, um ein Referendum zu umgehen!

Weitere von uns kritisierte Punkte in der neuen VÜPF sind die präzise Positionsbestimmung, die potentielle umfassende Massenüberwachung durch Anpassung von einzelnen Worten oder die Verpflichtung zur automatischen Bearbeitung von Anfragen.
piratenpartei.ch/2022/05/21/vernehmlassungsantwort-vuepf-ermoeglicht-chatkontrolle-in-der-schweiz-digitales-briefgeheimnis-in-gefahr

Departement für Digitalisierung

Ein Vorstoss zur Stärkung der Konkordanz mit zukünftig neun Bundesräten hatte im Ständerat keine Chance. So ging auch unsere Forderung bachab für ein Departement, welches sich um die technologischen Herausforderungen unserer Zeit kümmert. Es war also wieder mal eine verpasste Chance, der digitalpolitischen Agenda einen Booster zu verleihen.

Die rasante technologische Entwicklung ist gesellschaftsrelevanter denn je. Leider fehlt es im Politbetrieb an entsprechendem Fachwissen. Dieser Mangel zeigt sich exemplarisch an gescheiterten Digitalisierungsprojekten wie der E-ID, dem elektronischen Patientendossier oder unsicherem E-Voting. Es ist an der Zeit, Bundesbern aus dem technologischen Winterschlaf zu wecken. Ein Digitalisierungsdepartement und ein Wissenschaftlicher Dienst fürs Parlament sind überfällig.
piratenpartei.ch/2022/05/31/bundesratserweiterung-und-departement-fuer-digitalisierung

Vernehmlassung Nachrichtendienstgesetz

Im Herbst kam natürlich wieder mal das NDG mit einem Update. Auch hier kritisierten die Piraten in ihrer Stellungnahme einiges, denn die Vielzahl von Ausweitungen der Befugnisse des Nachrichtendienstes sprengen definitiv den Rahmen dessen, was wir Schweizer unter demokratischen Grundsätzen und Rechtsstaatlichkeit verstehen. Beispielsweise beinhaltet der Entwurf eine nachträgliche Legalisierung der (bisher teilweise illegalen) Massenüberwachung unzähliger Schweizerinnen und Schweizer mit der Weitergabe der Daten ins Ausland und damit potenziellen Speicherung auf ewig. Es enthält eine Ausweitung der Überwachung auf Journalisten, Ärzte, Priester, Anwälte und weitere bislang geschützte Berufsgruppen. Die Kabelaufklärung soll noch weiter ausgedehnt werden, aber die «Unabhängige» Aufsichtsbehörde bleibt als Schosshündchen beim VBS.

In Anbetracht der Aussage des Bundes bei der letzten Verschärfung, dass zu einem späteren Zeitpunkt nicht noch mehr Überwachung kommen soll, las sich dieser Entwurf wie ein Hohn. Und bei der Präsentation des Gesetzes und im Bericht wurde die Ausweitung auf weitere Berufsgruppen mit keinem Wort erwähnt, sozusagen mutwillig «unterm Deckel gehalten».
Aus gutem Grund fordern wir Piraten schon seit Jahren eine Art gitlab für die Gesetzgebung, so dass JEDE Änderung einfach zu erkennen ist, aber auch sichtbar wird, wer diese Anpassung eingefädelt hat. Diese gut versteckte Streichung eines Schutzartikels ist ein Paradebeispiel dafür, wie der Gesetzgebungsprozess nicht ablaufen sollte.
piratenpartei.ch/2022/09/08/vernehmlassung-nachrichtendienstgesetz

Neue Vernehmlassung zur E-ID

Kurz vor den Sommerferien war es soweit: Die neue Version der E-ID wurde den Medien vorgestellt, toll orchestriert mit gezielten Vorabinfos an die Presse, Bundesrätinneninterviews und sogar einem Werbevideo.

Die Piratenpartei erkannte nach einem ersten Blick in die Unterlagen bereits einige grobe handwerkliche Fehler und konnte mit einer schnellen Medieninformation und einem Interview gleichentags sogar in der Hauptausgabe der Tagesschau punkten.

Es schien, als hätte der Bund die Abstimmungsniederlage vom 2021 kaum richtig analysiert. Also führten wir im Anschluss zahlreiche Analysen und Aussprachen durch und wurden auch ins Bundesamt für Justiz zu einem Gespräch eingeladen. Unsere Hauptkritikpunkte blieben jedoch vom ersten Tag an dieselben: Die geplante Einführung der Videoidentifikation womit von jedem Nutzer ein biometrisches 3D-Gesichtmodell erstellt werden kann, die breite Verwendung der einmaligen 13-stelligen AHV-Nummer als Identifikator (uid) und die Möglichkeit zur Überidentifikation bei der Benutzung einer E-ID. Im Oktober reichten wir dann unsere finale Stellungnahme ein.

Wir Piraten bleiben am Thema dran, beteiligen uns an den fortlaufenden Meetings und hoffen weiter auf einen besseren Gesetzesentwurf bis im Sommer 2023.
piratenpartei.ch/2022/10/18/piratenpartei-lehnt-vorschlag-zur-e-id-ab

Vernehmlassung Flugpassagierdatengesetz

Die Piratenpartei lehnt dieses Gesetz in ihrer Stellungnahme umfassend ab. Gemäss dem Flugpassagierdatengesetz sollen anlasslos die Daten aller Passagiere in der Schweiz fünf Jahre lang gespeichert werden. Der Bundesrat will damit ein «Zeichen setzen».

Aus unserer Sicht wird hier aber die anlasslose Überwachung aller ausgebaut. Ohne Verdacht, ohne Verhältnismässigkeit und nur, weil es möglich ist. Das «Zeichen», das der Bundesrat mit diesem Gesetzesentwurf setzt, ist, dass ihm die Grundrechte egal sind. Erneut wird ein Überwachungsgesetz mit Terrorismus begründet, im Detail wurde aber eine grosse Zahl an Delikten versteckt. Besonders fragwürdig für die Piraten ist beispielsweise die Anwendung des Gesetzes auf «Handel mit Wachstumshormonen» oder «Produktpiraterie». Was hier genau zu einer «erhöhten Sicherheit» führen soll ist nicht erkennbar. Es ist aber absurd, dass der Bundesrat solche Grundrechtseingriffe als verhältnismässig beurteilt. Als gerade zu schamlos ist auch die Forderung, diese Daten sogar fünf Jahre auf Vorrat zu speichern, ohne Datenauskunftsrecht nach 6 Monaten.

Die Vorlage reiht sich nahtlos in frühere Überwachungsgesetze wie das BÜPF oder Nachrichtendienstgesetz ein: Anlasslose Totalüberwachung der gesamten Bevölkerung, begründet mit Terrorismus wird am Ende zum Grossteil bei vergleichsweise harmlosen Delikten eingesetzt werden.
piratenpartei.ch/2022/07/28/vernehmlassung-flugpassagierdatengesetz-ablehnung-der-vorlage-durch-die-piratenpartei

Positionspapier «Saubere Luft»

Im Oktober publizierten wir unser neuestes Positionspapier. Seit Jahrhunderten sind Hygienemassnahmen der Grundstein für die Verhinderung der Übertragung von vielen Krankheitserregern. Heute existiert jedoch noch immer eine Massnahmenlücke, deren Schliessung sich mit einfachen Mitteln bewerkstelligen lässt und gleichzeitig einen grossen Schritt nach vorne bedeutet: Saubere Luft.

Verursacht durch mehrere hundert verschiedene Krankheitserreger erkranken jedes Jahr in der Schweiz Millionen Menschen an Atemwegsinfektionen. Diese verursachen eine Erniedrigung der Lebensqualität, bleibende Schäden, im schlimmsten Falle den Tod. Über das menschliche Leid hinaus generieren diese Erkrankungen auch noch grosse volkswirtschaftliche Schäden. Schlecht belüftete Innenräume oder Öffentlicher Verkehr spielen bei den Krankheitsübertragungen eine Schlüsselrolle (und schränken auch die kognitiven Fähigkeiten ein). Dabei könnte eine grosse Anzahl der Infektionen mit nicht einschränkenden Massnahmen effizient reduziert werden: Mit der systematischen Installation von geeigneten Belüftungs- und Filtersystemen in öffentlichen Räumen und ÖV.

Allein schon aus betriebs- und volkswirtschaftlicher Sicht ergibt die Förderung von sauberer Innenluft Sinn. Schon wenige verhinderte Erkältungen (und damit krankheitsbedingte Absenzen am Arbeitsplatz) durch eine solche Anlage in einem Raum amortisieren eine solche Investition. Über die Jahre ist das ein kleiner Aufwand mit grosser Wirkung mit besserer Gesundheit der Menschen auf der einen Seite und gesparten (Heiz-)Kosten auf der anderen Seite. Die Menschen haben eine höhere Lebensqualität – Staat und Wirtschaft profitieren ebenso – eine klassische win-win-Situation.

Das komplette Positionspapier, das auf einem Vorstoss von Jorgo im Grossen Gemeinderat Ostermundigen basiert, mit unseren Forderungen findest du hier:
piratenpartei.ch/2022/10/17/positionspapier-saubere-luft

Referendum gegen das Ausweiszwang-Gesetz

Im Bundeshaus wurde Ende September das weit übers Ziel hinausschiessende «Ausweiszwang im Internet-Gesetz» unter dem Deckmantel des Jugendschutzes verabschiedet. Die darin enthaltene und positiv zu bewertende Medienkompetenzförderung wäre aber als erstes für die Parlamentarier notwendig gewesen, denn das Gesetz verursacht massive Kollateralschäden und ist gleichzeitig handwerklich schlecht gestrickt. Dem Wortlaut und der Botschaft nach müssen sämtliche Plattformen, deren Hauptzweck das Teilen von Videos ist (also YouTube, TikTok, aber auch Instagram, Facebook, Twitter etc.) vor der erstmaligen Nutzung eine Altersverifikation durchführen. Sprich: Nach heutigem Stand muss jeder Besucher eine Ausweiskopie hochladen.
Gewalttätige oder pornographische Bilder fallen nicht unter das Gesetz. Ebenso ignoriert das Gesetz den Austausch von nicht jugendfreien Inhalten via Telegram, Whatsapp oder anderen Peer-to-Peer-Plattformen komplett. Dafür ist es der Startschuss für eine neue Ausweispflicht und Checkpoints im Internet. Netzsperren sind die bald folgende Konsequenz daraus.

Zur Altersverifikation wurden in der parlamentarischen Debatte beispielsweise Kreditkarten oder SMS genannt. Kürzlich wurde sogar Gesichtserkennungssoftware fürs Pornoschauen ins Spiel gebracht. Den Parlamentariern war wohl nicht bekannt, dass Jugendliche Smartphones haben oder dass es Prepaid-Kreditkarten gibt. Gleichzeitig sagt das Gesetz zusätzlich aus, dass sämtliche Daten der Altersverifikation von Erwachsenen durch die Online-Plattformen weiterverwendet und ausgenutzt werden dürfen!

Die Piratenpartei lancierte im Oktober das Referendum. Leider wurden wir von den grossen Medienhäusern ziemlich ignoriert und auch ähnlich gesinnte Organisationen wie die Digitale Gesellschaft oder Operation Libero brauchten sehr lange, um sich für das Referendum zu positionieren. Anfang Januar hatten wir dann innert Tagen unzählige Medienberichte und online wurden zeitweise mehr als 5’000 Unterschriftenbogen pro Tag generiert. Vieles war dann leider zu spät und wir konnten am Stichtag leider nicht ausreichend Unterschriften einreichen.
Good News: Unterdessen sind dank unserem Referendum bei vielen Parlamentariern Zweifel aufgetaucht, ob und wie denn dieses Gesetz überhaupt umgesetzt wird und es wurden Fragen an den Bundesrat eingereicht. Und sogar beim Bundesamt für Sozialversicherungen, das federführend war, ist man sich nicht mehr so sicher, wie schlau dieses Gesetz ist. Wie man hört, wird es Jahre dauern, bis es eingeführt wird, und davor sind nochmals Anpassungen geplant. Ein sehr ungewöhnlicher Vorgang. Auch wenn es am Ende nicht gereicht hat, könnte das Referendum zu einem positiven Ende führen.
ausweiszwang-nein.ch

Distanzierung vom Positionspapier «Plattformregulierung in der Schweiz»

Von der Digitalen Gesellschaft Schweiz (Digiges) und einigen anderen Organisationen wurde im 2022 an einem Positionspapier zur Plattformregulierung gearbeitet. Leider war aus Ressourcengründen niemand von der Piratenpartei aktiv daran beteiligt und so kam, was irgendwann kommen musste: Über das Resultat und das Vorgehen bei einzelnen Kritikpunkten entstand vor der Finalisierung ein Disput. Leider konnte dieser nicht gelöst werden, weil die Digiges das Papier sehr schnell publizieren wollte und die Tragweite anders einschätzte als wir.
Piraten und zahlreiche andere Mitgliedsorganisationen der Digiges distanzieren sich in der Folge öffentlich vom Positionspapier «Plattformregulierung in der Schweiz».

Neben vielen positiven Aspekten enthält dieses Positionspapier mehrere problematische Punkte. Insbesondere das Ziel, «Desinformation» einzugrenzen, ist für uns inakzeptabel, denn jegliche Mechanismen dazu erfordern unweigerlich eine Instanz, die über «wahr» und «falsch» entscheidet. Dies führt zwangsläufig zu Zensur, welche die Meinungs- und Informationsfreiheit verletzt und deshalb mit einer rechtsstaatlichen Demokratie unvereinbar ist. Darüber hinaus muss man sich die Frage stellen, was solche Instrumente in den falschen Händen bedeuten könnten, wenn sie für gefährliche politische Ziele missbraucht werden.

Meinungs- und Informationsfreiheit sind sowohl in der Bundesverfassung, als auch in den Statuten der Digiges explizit festgehalten. Mit dem genannten Positionspapier widerspricht die Digiges ihren eigenen Grundsätzen.

Auch sind wir der Ansicht, dass die öffentliche Debatte auf Plattformen von hoher Relevanz für die Gesellschaft ist und sehen Handlungsbedarf betreffend der Sicherstellung eines offenen Diskurses nach demokratischen Prinzipien. Wir haben daraufhin einige Grundsätze hinsichtlich einer zukünftigen Plattform-Demokratisierung formuliert.
piratenpartei.ch/2022/12/02/distanzierung-vom-positionspapier-plattformregulierung-in-der-schweiz

Vernehmlassungsantwort Strommangelregeln

Zum Winter hin startete die europaweite Diskussion zu einer möglichen Strommangellage. Die Piraten haben zu den «Verordnungen Energie, Bewirtschaftungsmassnahmen Strom» eine Stellungnahme eingereicht, denn für die Piraten war generell nicht nachvollziehbar, auf welchen Grundlagen die einzelnen Prioritäten gesetzt wurden.

Des Weiteren wurden mehrere Ansätze vorgeschlagen, bei denen die Überwachung der Bevölkerung ausgebaut werden soll (z.B. Smartmeter) oder die nur durch die Überwachung von Nachbarn umgesetzt werden können. Solche Massnahmen sind nicht nur äusserst fragwürdig, sondern sind mit unseren Grundwerten nur schwer vereinbar und würden den gesellschaftlichen Zusammenhalt auf die Probe stellen. Deshalb ist die konkrete Umsetzung solcher Massnahmen genau zu überdenken.

Ferner zeigten einzelne Vorschläge generelle Verständnisschwierigkeiten des Bundes mit Technologie: Beispielsweise sollte bei Streaming die Qualität reduziert werden, um Strom zu sparen.
Auch hier endeten wir in sarkastischen Forderungen und sind heute froh, dass keine Massnahme umgesetzt werden musste.
piratenpartei.ch/2022/12/08/vernehmlassungsantwort-strommangelregeln

Piraten Summer:camp 2022

Im Juni trafen sich die Piraten zum ersten Summer:camp auf der Burg Petit Vivy. Eingeläutet wurde es mit einem Diskussionsabend Pro und Contra Blockchain, wobei unser Alt-Präsident Alexis Roussel die Pro-Seite vertrat und Marcel Waldvogel die Contra-Position.

Nach einem geselligen Tagesabschluss wurde am Samstag produktiv mit Hackathons (Freifunk), Workshops (How To PiHole) oder am Wahlprogramm 2023 gearbeitet. Am Sonntag ging dann das Summer:camp entspannter mit Abseilen (und auch Erklettern) vom Burgturm, Airsoft und LARP mit Pfeil und Bogen oder Schwimmen im Schiffenensee zu Ende.

Vielen Dank an den Burgherr Burger.

Du willst dieses Jahr auch daran teilnehmen? Melde dich bei uns. Die Plätze sind jeweils begrenzt.

Ausblick 2023

Dieses Jahr wird politisch nicht weniger turbulent. Im Herbst stehen Nationale Wahlen vor der Tür und viele der vorher genannten Geschäfte gehen im Parlament in die nächsten Runden. Beim Nachrichten-dienstgesetz ist ein Referendum wahrscheinlich nötig. Bei der E-ID müssen wir auch sehr wachsam bleiben. Neu kommen Themen wie das Leistungsschutzrecht (wieder einmal) oder die Plattformregulierung auf uns zu. Wir bleiben dran!

Und natürlich bald die …

Volksinitiative gegen Socialscoring

Seit Jahren bemerken wir, wie auf viele Arten und Weisen in den verschiedensten Lebensbereichen die Überwachung zunimmt. Du konntest gerade selbst lesen, wie die Daumenschrauben allein im Jahr 2022 angezogen wurden. Noch ist es nicht so weit, aber wir befürchten, dass es in ein paar Jahren so weit sein wird. All diese Daten aus der alltäglichen Überwachung werden zusammengeführt und wir werden dauerbewertet, klassiert, gescored.

Am Anfang werden nur Belohnungen verteilt, ein Kinoticket gegen ökologisches Verhalten, später kommt dann auch die Bestrafung … vieles hört man aus China, aber Pilotprojekte gibt es auch in Wien, Bologna, München u.v.m. – Bald auch in deiner Nachbarschaft?

Noch haben wir die Zeit, solches zu verhindern. Wenn du aktiv mithelfen willst, melde dich bitte auf no-socialscoring.ch

Aufruf zur Mitarbeit

Wir haben letztes Jahr viel erreicht, aber die aktuell aktiven Piraten sind teilweise schon über dem Limit. Ebenso bleibt vieles liegen, weil wir nicht die Ressourcen haben, viele Ideen umzusetzen. Wir können jegliche Mithilfe gebrauchen. Sei es für Recherchen, Vernehmlassungen, Texte schreiben, Medienarbeit, Betreuung der SocialMedia-Kanäle, Community-Management, Backoffice oder einfach nur im Maschinenraum. Jeder hat Fähigkeiten, um die Piraten weiter voranzubringen.

Werde aktiv, es lohnt sich!

Melde dich bei uns, per E-Mail, auf Matrix, via Threema. Du findest alle Infos hier: piratenpartei.ch/chats-meetings/

Schau rein, melde dich, mach mit. Wir freuen uns!

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Bei Mitgliedschaftsbeiträgen gib dies bitte im Kommentar an.

Bitte beachte, dass laut Statuten Spenden von juristischen Personen oder Privatspenden über CHF 500 pro Rechnungsjahr zwecks Transparenz veröffentlicht werden.
Bei Fragen erreicht ihr den Schatzmeister unter finance@piratenpartei.ch