Die Piratenpartei hat in einem offenen Brief Bundesrat Ignazio Cassis aufgefordert, eine Protestnote an die Delegation der Europäischen Union zu entsenden. Darin soll klargestellt werden, dass für die Schweizerische Eidgenossenschaft die anlasslose, KI-basierte Massenüberwachung der gesamten digitalen Kommunikation der Menschen ein Hindernis für die Verhandlungen der Schweiz mit der EU über die Weiterentwickung der bilateralen Beziehungen darstellt.
Der Rat der Europäischen Union plant, morgen Donnerstag, 20. Juni, die Chatkontrolle zu beschliessen. Betroffen ist das Privatleben aller Bürgerinnen und Bürger, die sensible Kommunikation von Journalistinnen und Journalisten mit vulnerablen Quellen, vertrauliche Kommunikation von Ärztinnen und Ärzten, Anwältinnen und Anwälten, kurz: das digitale Briefgeheimnis würde damit aufgehoben werden.
Jorgo Ananiadis, Präsident der Piratenpartei Schweiz: „Die Chatkontrolle führt zu einer deutlichen Verschlechterung des Angebots im Bereich der Messengerdienste. Schweizer Firmen wie Protonmail und Threema bereiten sich bereits auf einen Rückzug aus dem EU Markt vor. Ein Kollateralschaden ist absehbar.“
Philippe Burger, Vizepräsident der Piratenpartei Schweiz: „Taktisch geschickt versucht die EU die Chatkontrolle während der Fussball EM durchzudrücken. Während man das Volk mit Brot und Spielen ablenkt wird der Überwachungsstaat pur durch die Hintertüre eingeführt. Die Befürworter arbeiten mit Desinformation und Taschenspielertricks. Stoppen wir das, solange wir noch können!“
Jonas Sulzer, Vorstandsmitglied der Piratenpartei Schweiz: „Das noble Ziel, Kinder vor sexuellem Misbrauch zu schützen wird mit der Chatkontrolle völlig verfehlt: Anstatt den Missbrauch in der realen Welt zu bekämpfen wird eine Massenüberwachung eingeführt. Dies wird die Täter aber nicht davon abhalten entsprechende Medien über Kommunikationswege auszutauschen welche sich der EU-Regulierung entziehen.“
Die Piratenpartei hat gestern eine Protestaktion in Bern auf dem Bundesplatz und vor der Delegation der Europäischen Union gegen die Chatkontrolle durchgeführt. Eine Demobewilligung hatte die Stadt vorab verweigert. Die Bilder finden Sie unter dem offenen Brief.
Der offene Brief im Wortlaut:
Sehr geehrter Bundesrat Ignazio Cassis
Sehr geehrter Gesamtbundesrat
Der Rat der Europäischen Union hat vor am kommenden Donnerstag, den 20. Juni, die Chatkontrolle zu beschliessen. Dies bedeutet die Einführung von KI-basierter Massenüberwachung – anlasslos und flächendeckend. Betroffen ist das Privatleben aller Bürgerinnen und Bürger, die sensible Kommunikation von Journalistinnen und Journalisten mit vulnerablen Quellen, vertrauliche Kommunikation von Ärztinnen und Ärzten, Anwältinnen und Anwälten, kurz: das digitale Briefgeheimnis wird aufgehoben. Dies soll unter dem Vorwand der Bekämpfung von Kriminalität geschehen. Die organisierte Kriminalität operiert jedoch ohnehin über Kommunikationswege welche sich der geplanten EU-Regulierung entziehen. Diese Massnahme ist deshalb ungeeignet, unverhältnismässig und nicht zielführend. Erreicht wird dadurch nur eines: die totale Überwachung des digitalen Privatlebens aller Bürgerinnen und Bürger und die Verletzung unseres Menschenrechts auf Privatsphäre.
Der Nationalrat hatte im vergangenen September mit überwältigender Mehrheit einer Motion zugestimmt, welche den Bundesrat beauftragt: „das durch Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie Artikel 13 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft garantierte Recht auf den Schutz ihrer Privatsphäre durchzusetzen und die Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz vor der Europäischen Kommission vorgesehenen Chatkontrolle zu schützen.“
Weil vor wenigen Tagen bekannt wurde, dass der Rat der Europäischen Union bereits am Donnerstag über die Chatkontrolle befinden wird, ist schnelles Handeln erforderlich, um dieser breit abgestützten Forderung des Nationalrats nachzukommen. Die Piratenpartei Schweiz fordert Bundesrat Ignazio Cassis, Vorsteher des EDA, dazu auf, eine Protestnote an die Delegation der Europäischen Union zu entsenden. Darin soll klargestellt werden, dass für die Schweizerische Eidgenossenschaft die anlasslose, KI-basierte Massenüberwachung aller digitalen Nachrichten der Menschen ein Hindernis für die Verhandlungen der Schweiz mit der EU über die Weiterentwickung der bilateralen Beziehungen darstellt.
Hochachtungsvoll
Im Namen der Piratenpartei Schweiz
Jorgo Ananiadis, Präsident
Nicole Rüegger, Co-Vizepräsidentin
Philippe Burger, Co-Vizepräsident
Jonas Sulzer, Mitglied des Vorstands
Stefan Sergi, Mitglied des Vorstands
Renato Sigg, Mitglied des Vorstands
Monica Amgwerd, Generalsekretärin der Piratenpartei Zürich
Bilder der Protestaktion vom 18.06.2024 in Bern (Fotograf: Pascal Fouquet):
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