Schweizer Demokratie hat Risse – Bericht der OSZE Wahlbeobachtung zu den nationalen Wahlen 2023

Im Herbst 2023 reiste eine Delegation der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in die Schweiz zur Beobachtung der eidgenössischen Wahlen. Ihren abschliessenden Bericht veröffentlichte die OSZE am 29. Mai dieses Jahres [1]. Trotz der darin festgestellten Defizite, die man in der Schweiz nicht erwarten würde, haben sich weder die Volksvertreter im Bundesparlament noch die Schweizer Medien bisher damit auseinandergesetzt.

Die wichtigsten Punkte aus dem Bericht:
1. Es gibt (fast) keine Regelungen zur Wahlbeobachtung, respektive ist diese gar nicht vorgesehen.
2. Es gibt keine einheitlichen (seh-)behindertengerechte Wahlverfahren und -unterlagen.
3. Es gibt zu wenig Transparenz in der Finanzierung von politischen Akteuren.

Bei den eidgenössischen Wahlen wollte die Piratenpartei in mehreren Kantonen Wahlbeobachtungen durchführen, mit besonderem Augenmerk auf elektronische Systeme und eVoting. Die Wahlbeobachtung wurde uns jedoch in den meisten Fällen direkt verweigert, da die Gesetzgebung der meisten Kantone keine Bestimmungen für unabhängige Wahlbeobachtungen vorsieht. Diese Ablehnungen wurden durch die OSZE bestätigt (S. 13 des Berichts). Im Kanton Zürich wurde uns der Zugang trotz vorhandener gesetzlicher Grundlage verweigert. Infolgedessen hat die Piratenpartei Recherchen durchgeführt und die Kantone gebeten, ihre Regelungen zur Wahlbeobachtung offen darzulegen – das Ergebnis war ernüchternd: In den meisten Kantonen ist eine unabhängige Wahlbeobachtung nicht vorgesehen [2].

Die OSZE kam in ihrem Bericht zu den eidgenössischen Wahlen 2023 zum gleichen Schluss und fordert:
„Im Einklang mit den Verpflichtungen der OSZE und einer früheren Empfehlung der ODIHR sollte die Wahlgesetzgebung dahingehend geändert werden, dass sie ausdrücklich die internationale und bürgerliche Beobachtung aller Aspekte des Wahlprozesses, einschließlich aller Phasen der Internetwahl auf Bundes- und Kantonsebene, erlaubt.“ (Seite 13)

Bezeichnenderweise hat die Piratenpartei als einzige Teilnehmerin in der Vernehmlassung zur „Änderungen des Bundesgesetzes über die politischen Rechte und der Verordnung über die politischen Rechte“ diesen Punkt aufgegriffen [3],[4].

Eine weitere Empfehlung der OSZE in ihrem Bericht lautet:
„Das Gesetz sollte ausdrücklich Wahlverfahren, Einrichtungen und Materialien vorschreiben, die es Wählern mit Behinderungen ermöglichen, unabhängig wahlbezogene Informationen zu erhalten und selbstständig zu wählen.“ (Seite 18)
Die Piratenpartei hat ebenso in ihrer Stellungnahme zum BPR angeregt, dass schweizweit einheitliche Stimmzettel eingeführt werden, um sehbehinderten und blinden Menschen das unabhängige Wählen zu ermöglichen.

Auch in einem weiteren Kernthema der Piratenpartei, der Transparenz in der Politikfinanzierung, sieht die OSZE grossen Verbesserungsbedarf (ab Seite 9). So schreibt sie: „Im Einklang mit internationalen Standards sollten explizite Offenlegungspflichten für Spenden von staatlichen oder kontrollierten Unternehmen an politische Akteure eingeführt werden.“
Diese mangelnde Transparenz wird von den Piraten seit ihrer Gründung kritisiert. Sie hat unter anderem die Volksinitiative „Für die Offenlegung der Politikereinkünfte“ [5] und „Für mehr Transparenz in der Politikfinanzierung“  [6] mitlanciert und legt ihre Spenden seit Jahren offen, bei Privatpersonen ab CHF 500 und bei juristischen Personen ab dem ersten Rappen.

Ferner gibt die Piratenpartei zu bedenken, dass die Massnahmen gegen mehrfache Stimmabgabe in der Schweiz vollkommen unzureichend sind. Dies betrifft die Abstimmung vor Ort, per Brief oder auch mittels eVoting.

Der Bericht zeigt auf, dass unsere Demokratie verletzlicher ist als gemeinhin angenommen. Gerade in dieser turbulenten Zeit, sollten wir darauf achten, die Schweiz noch besser zu schützen.
Zu diesem Zweck haben wir fünf grundlegende Anforderungen für demokratische Abstimmungs- und Wahlprozesse im Informationszeitalter ausgearbeitet:

– Das Zustandekommen von Wahl- und Abstimmungsergebnissen muss für Bürgerinnen und Bürger transparent und einfach nachvollziehbar sein.
– Wir fordern, dass ausschliesslich quelloffene Software für die Ermittlung und Auswertung von Wahl- und Abstimmungsergebnissen eingesetzt werden darf und alle Teilergebnisse in Echtzeit als OGD (Open Government Data) veröffentlicht werden.
– Zugang zur Wahlbeobachtung auf allen Ebenen muss landesweit gesetzlich geregelt werden und allen Interessierten offenstehen.
– Der Bund soll verbindliche Standards für alle elektronischen Systeme definieren, welche bei den eidgenössischen Wahlen zum Einsatz kommen.
– Um eine manuelle Prüfung des Wahlergebnisses zu ermöglichen, ist stets ein „hand marked paper trail“ erforderlich, also eine Abfolge von handschriftlich markierten Dokumenten, welche eine lückenlose Überprüfbarkeit gewährleisten.

Philippe Burger, Vizepräsident der Piratenpartei: „Das Selbstbild der Schweizer zur Demokratie ist leider sakrosankt. Ich würden es begrüssen, wenn wir uns selbstkritischer betrachten würden. Demokratische Prozesse können nur vertrauenswürdig sein, wenn sie für die Allgemeinheit überprüfbar und nachvollziehbar sind.“

Jorgo Ananiadis, Präsident der Piratenpartei:“Als direkt Betroffener einer fehlerhaften Wahlauszählung und konsequenter Gegner des intransparenten E-Votings fordere ich seit Jahren Verbesserungen. Die fehlenden Plausibilitätskontrollen, mangelhafte Unterlagen, schlechte Software und diletantisch umgesetzte Prozesse bescheren uns regelmässig Abstimmungs- und Wahlskandale. Verwaltung und Politik fahren weiterhin unsere Demokratie mit Hochgeschwindigkeit gegen die Wand. Sowas muss aufhören und wir brauchen JETZT endlich griffige Massnahmen.“

Transparenz-Hinweis:
Die Piratenpartei wurde von der OSZE angesprochen und verschiedene Vertreter haben sich mit der Delegation vor und nach dem Wahltag getroffen.

Quellen:
[1] https://www.osce.org/files/f/documents/9/e/572287.pdf
[2] https://www.piratenpartei.ch/kantonale-gesetzliche-grundlagen-zur-wahlbeobachtung/
[3] https://www.fedlex.admin.ch/filestore/fedlex.data.admin.ch/eli/dl/proj/2023/15/cons_1/doc_8/de/pdf-a/fedlex-data-admin-ch-eli-dl-proj-2023-15-cons_1-doc_8-de-pdf-a.pdf (S. 118)
[4] https://www.piratenpartei.ch/2024/04/18/stellungnahme-vernehmlassung-bundesgesetz-ueber-die-politischen-rechte/
[5] https://www.fedlex.admin.ch/eli/fga/2011/700/de
[6] https://transparenz-ja.ch/mitglieder-des-vereins/

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Schweizer Demokratie hat Risse – Bericht der OSZE Wahlbeobachtung zu den nationalen Wahlen 2023

Im Herbst 2023 reiste eine Delegation der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in die Schweiz zur Beobachtung der eidgenössischen Wahlen. Ihren abschliessenden Bericht veröffentlichte die OSZE am 29. Mai dieses Jahres [1]. Trotz der darin festgestellten Defizite, die man in der Schweiz nicht erwarten würde, haben sich weder die Volksvertreter im Bundesparlament noch die Schweizer Medien bisher damit auseinandergesetzt.

Die wichtigsten Punkte aus dem Bericht:
1. Es gibt (fast) keine Regelungen zur Wahlbeobachtung, respektive ist diese gar nicht vorgesehen.
2. Es gibt keine einheitlichen (seh-)behindertengerechte Wahlverfahren und -unterlagen.
3. Es gibt zu wenig Transparenz in der Finanzierung von politischen Akteuren.

Bei den eidgenössischen Wahlen wollte die Piratenpartei in mehreren Kantonen Wahlbeobachtungen durchführen, mit besonderem Augenmerk auf elektronische Systeme und eVoting. Die Wahlbeobachtung wurde uns jedoch in den meisten Fällen direkt verweigert, da die Gesetzgebung der meisten Kantone keine Bestimmungen für unabhängige Wahlbeobachtungen vorsieht. Diese Ablehnungen wurden durch die OSZE bestätigt (S. 13 des Berichts). Im Kanton Zürich wurde uns der Zugang trotz vorhandener gesetzlicher Grundlage verweigert. Infolgedessen hat die Piratenpartei Recherchen durchgeführt und die Kantone gebeten, ihre Regelungen zur Wahlbeobachtung offen darzulegen – das Ergebnis war ernüchternd: In den meisten Kantonen ist eine unabhängige Wahlbeobachtung nicht vorgesehen [2].

Die OSZE kam in ihrem Bericht zu den eidgenössischen Wahlen 2023 zum gleichen Schluss und fordert:
„Im Einklang mit den Verpflichtungen der OSZE und einer früheren Empfehlung der ODIHR sollte die Wahlgesetzgebung dahingehend geändert werden, dass sie ausdrücklich die internationale und bürgerliche Beobachtung aller Aspekte des Wahlprozesses, einschließlich aller Phasen der Internetwahl auf Bundes- und Kantonsebene, erlaubt.“ (Seite 13)

Bezeichnenderweise hat die Piratenpartei als einzige Teilnehmerin in der Vernehmlassung zur „Änderungen des Bundesgesetzes über die politischen Rechte und der Verordnung über die politischen Rechte“ diesen Punkt aufgegriffen [3],[4].

Eine weitere Empfehlung der OSZE in ihrem Bericht lautet:
„Das Gesetz sollte ausdrücklich Wahlverfahren, Einrichtungen und Materialien vorschreiben, die es Wählern mit Behinderungen ermöglichen, unabhängig wahlbezogene Informationen zu erhalten und selbstständig zu wählen.“ (Seite 18)
Die Piratenpartei hat ebenso in ihrer Stellungnahme zum BPR angeregt, dass schweizweit einheitliche Stimmzettel eingeführt werden, um sehbehinderten und blinden Menschen das unabhängige Wählen zu ermöglichen.

Auch in einem weiteren Kernthema der Piratenpartei, der Transparenz in der Politikfinanzierung, sieht die OSZE grossen Verbesserungsbedarf (ab Seite 9). So schreibt sie: „Im Einklang mit internationalen Standards sollten explizite Offenlegungspflichten für Spenden von staatlichen oder kontrollierten Unternehmen an politische Akteure eingeführt werden.“
Diese mangelnde Transparenz wird von den Piraten seit ihrer Gründung kritisiert. Sie hat unter anderem die Volksinitiative „Für die Offenlegung der Politikereinkünfte“ [5] und „Für mehr Transparenz in der Politikfinanzierung“  [6] mitlanciert und legt ihre Spenden seit Jahren offen, bei Privatpersonen ab CHF 500 und bei juristischen Personen ab dem ersten Rappen.

Ferner gibt die Piratenpartei zu bedenken, dass die Massnahmen gegen mehrfache Stimmabgabe in der Schweiz vollkommen unzureichend sind. Dies betrifft die Abstimmung vor Ort, per Brief oder auch mittels eVoting.

Der Bericht zeigt auf, dass unsere Demokratie verletzlicher ist als gemeinhin angenommen. Gerade in dieser turbulenten Zeit, sollten wir darauf achten, die Schweiz noch besser zu schützen.
Zu diesem Zweck haben wir fünf grundlegende Anforderungen für demokratische Abstimmungs- und Wahlprozesse im Informationszeitalter ausgearbeitet:

– Das Zustandekommen von Wahl- und Abstimmungsergebnissen muss für Bürgerinnen und Bürger transparent und einfach nachvollziehbar sein.
– Wir fordern, dass ausschliesslich quelloffene Software für die Ermittlung und Auswertung von Wahl- und Abstimmungsergebnissen eingesetzt werden darf und alle Teilergebnisse in Echtzeit als OGD (Open Government Data) veröffentlicht werden.
– Zugang zur Wahlbeobachtung auf allen Ebenen muss landesweit gesetzlich geregelt werden und allen Interessierten offenstehen.
– Der Bund soll verbindliche Standards für alle elektronischen Systeme definieren, welche bei den eidgenössischen Wahlen zum Einsatz kommen.
– Um eine manuelle Prüfung des Wahlergebnisses zu ermöglichen, ist stets ein „hand marked paper trail“ erforderlich, also eine Abfolge von handschriftlich markierten Dokumenten, welche eine lückenlose Überprüfbarkeit gewährleisten.

Philippe Burger, Vizepräsident der Piratenpartei: „Das Selbstbild der Schweizer zur Demokratie ist leider sakrosankt. Ich würden es begrüssen, wenn wir uns selbstkritischer betrachten würden. Demokratische Prozesse können nur vertrauenswürdig sein, wenn sie für die Allgemeinheit überprüfbar und nachvollziehbar sind.“

Jorgo Ananiadis, Präsident der Piratenpartei:“Als direkt Betroffener einer fehlerhaften Wahlauszählung und konsequenter Gegner des intransparenten E-Votings fordere ich seit Jahren Verbesserungen. Die fehlenden Plausibilitätskontrollen, mangelhafte Unterlagen, schlechte Software und diletantisch umgesetzte Prozesse bescheren uns regelmässig Abstimmungs- und Wahlskandale. Verwaltung und Politik fahren weiterhin unsere Demokratie mit Hochgeschwindigkeit gegen die Wand. Sowas muss aufhören und wir brauchen JETZT endlich griffige Massnahmen.“

Transparenz-Hinweis:
Die Piratenpartei wurde von der OSZE angesprochen und verschiedene Vertreter haben sich mit der Delegation vor und nach dem Wahltag getroffen.

Quellen:
[1] https://www.osce.org/files/f/documents/9/e/572287.pdf
[2] https://www.piratenpartei.ch/kantonale-gesetzliche-grundlagen-zur-wahlbeobachtung/
[3] https://www.fedlex.admin.ch/filestore/fedlex.data.admin.ch/eli/dl/proj/2023/15/cons_1/doc_8/de/pdf-a/fedlex-data-admin-ch-eli-dl-proj-2023-15-cons_1-doc_8-de-pdf-a.pdf (S. 118)
[4] https://www.piratenpartei.ch/2024/04/18/stellungnahme-vernehmlassung-bundesgesetz-ueber-die-politischen-rechte/
[5] https://www.fedlex.admin.ch/eli/fga/2011/700/de
[6] https://transparenz-ja.ch/mitglieder-des-vereins/