Parlamentsentscheid schafft Gefahr einer menschenrechtswidrigen Polizeipraxis

Der Ständerat hat gestern eine Motion verabschiedet, zur Schaffung eines schweizweiten Polizeidatenraums [1]. Zur vermeintlichen Bekämpfung von Terrorismus und schwerer Kriminalität soll eine interkantonale Abfrageplattform  (POLAP) für polizeiliche Daten geschaffen werden, die auch den Anschluss an internationale Polizeidatenbanken ermöglichen wird. Es geht hierbei jedoch nicht nur um Daten von schwer Kriminellen, sondern auch um sensible Daten von unbescholtenen Bürgerinnen und Bürgern, die etwa als Zeugen einvernommen oder Opfer einer Straftat wurden.

Die Piratenpartei kritisiert dabei im Besonderen:

    1. Die aktuellen Befugnisse sind ausreichend, der neuartige Zugriff unverhältnismässig

    2. Verletzung der Privatsphäre, Menschenrechtswidrigkeit

    3. Der unbeschränkte Datenaustausch wird international

Begründungen:

1. Die aktuellen Befugnisse sind ausreichend, der neuartige Zugriff unverhältnismässig

Die aktuelle Praxis der Amtshilfe ist für den polizeilich notwendigen Datenaustausch bereits heute ausreichend [2]. Eine Verknüpfung der Datenbanken ist nicht nur unnötig, sondern widerspricht auch  dem Prinzip, dass Personendaten von öffentlichen Stellen nur zu jenem Zweck bearbeitet werden dürfen, zu dem sie erfasst wurden. Der ständige , uneingeschränkte Zugriff einer nationalen Plattform mit internationaler Anbindung ist stark unverhältnismässig.

Jorgo Ananiadis, Präsident der Piratenpartei:
“Diese Salamitaktik kennen wir leider schon zu Genüge beim Ausbau der Überwachung. Nun beim Polizeidatenaustausch, zuerst national und dann international. Bei schweren Straftaten sind schon ausreichend Mittel vorhanden, jetzt will man auch auf Bagatellverstösse zugreifen.”

2. Verletzung der Privatsphäre, Menschenrechtswidrigkeit

Eingriffe in die Privatsphäre (Art. 13 Abs. 1 BV sowie Art. 8 Ziff. 1 EMRK), etwa in Form des Erfassens, der Bearbeitung und der Weitergabe besonderer Personendaten müssen verhältnismässig sein. Der ständige, uneingeschränkte Zugriff auf sämtliche Polizeidaten von Bürgerinnen und Bürgern verunmöglicht eine verhältnismässige Abfrage  von Grund auf und widerspricht damit den Menschenrechten.
Um den Schutz vor Missbrauch persönlicher Daten (Art. 13 Abs. 2 BV) der Bevölkerung zu gewährleisten, fehlen bei einer solchen Abfrageplattform, wie sie in Form von POLAP installiert werden soll, die zwingend notwendigen Sicherheitsschranken und Schutzvorkehrungen.

Nicole Rüegger, Vizepräsidentin der Piratenpartei:
“Der Bund hat mal wieder die Digitalisierung verschlafen und jetzt soll es eine Verfassungsänderung richten. Anstatt eine enorm grosse Datenbank ohne Einschränkungen zu erschaffen, sollten Amtshilfegesuche online und deren Genehmigungen automatisiert ermöglicht werden.”
Jorgo Ananiadis:
Im Umgang mit dem  Xplain-Hack vom Mai 2023 hat der Bund gegen die eigenen Datenschutz-Vorschriften (ISDS) verstossen  und hat damit  das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger verloren.” [3]

3. Der Datenaustausch wird international

Die Datenaustauschplattform POLAP ist fähig zum Anschluss an internationale Systeme [4]. Eine solche Erweiterung des Zugriffs auf besondere Personendaten über die nationalen Grenzen hinaus intensiviert die Unverhältnismässigkeit des Eingriffs in die Privatsphäre der Menschen und  ist nicht gerechtfertigt.

Philippe Burger, Vizepräsident der Piratenpartei Schweiz:
“Besondere Personendaten müssen in jedem Fall vertraulich behandelt werden. Andernfalls wird das Recht auf Informationssicherheit der Bevölkerung verletzt und damit die digitale Integrität der Bürgerinnen und Bürger. Deshalb kämpfen wir als Piratenpartei derzeit im Kanton Zürich mit einer Volksinitiative für ein neues Grundrecht auf digitale Integrität. [5]

Fazit:
Diese Verfassungsänderung hin zu einem unverhältnismässigen polizeilichen Datenaustausch, die vom Parlament angenommen wurde, schafft Bedingungen für eine neuartige polizeiliche Überwachungspraxis. Diese markiert eine Grenzverschiebung der Polizeitätigkeit in Richtung des Charakters eines Überwachungsstaats.
Die Piratenpartei wird nun Verbündete für das obligatorische Referendum mobilisieren.

Quellen:
https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20234311
https://www.edoeb.admin.ch/edoeb/de/home/kurzmeldungen/km2024/28022024_stn_datenaustausch.html
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[1] https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20234311
[2] https://www.edoeb.admin.ch/dam/edoeb/de/Dokumente/datenschutz/stellungnahme_polap.pdf.download.pdf/Stellungnahme%20DE.pdf
[3] https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/hackerangriff-datenschutz-nicht-eingehalten-aargau-haette-sensible-daten-gar-nicht-an-softwarefirma-geben-duerfen-ld.2570854
[4] https://www.heise.de/news/EU-Staaten-fuer-automatisierten-EU-weiten-Abgleich-von-DNA-und-Gesichtsdaten-7142200.html https://netzpolitik.org/2023/pruemer-vertrag-europas-polizeien-duerfen-bald-mehr-daten-austauschen/
[5] www.digitale-integritaet.ch

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