Stellungnahme Vernehmlassung Bundesgesetz über die politischen Rechte

Die Piraten haben ihre Stellungnahme zur Änderung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte (BPR) und der Verordnung über die politischen Rechte (VPR) eingereicht [1].

Wir begrüssen grundsätzlich einige Änderungen der Vorlagen wie die direkte Beschwerdemöglichkeit vor Bundesgericht ohne den „Durchlauferhitzer“ Kantonsregierungen, schlagen gleichzeitig noch Präzisierungen oder darüber hinausgehende Verbesserungen vor.

1. Möglichkeit der Wahlbeobachtung in der Schweiz.
2. Stimmrechtsbeschwerde bei Verstössen gegen die freie Meinungsbildung von Akten des Bundesrates.
3. Schweizweit einheitliche Stimmzettel für blinde und sehbehinderte Stimmberechtigte und schweizweit einheitliche Vorgaben zur elektronischen Ergebnisermittlung.

1. Wahlbeobachtung in der Schweiz
Der Bund muss die Kantone dazu verpflichten, die rechtlichen Grundlagen für eine unabhängige Wahlbeobachtung zu schaffen.

Die aktuelle Situation bezüglich Wahlbeobachtung ist unzureichend. Einige Kantonsregierungen bestimmen Beauftragte, welche die Wahlen und Abstimmungen überwachen, während andere  grundsätzlich eine eingeschränkte Beobachtung durch Stimmberechtigte vorsehen. Die meisten Kantone sehen in ihrer Gesetzgebung keine freie Wahlbeobachtung vor [2], was wir als gewaltigen Missstand in der Schweizer Demokratie erachten.
Das Einzige, was schweizweit einer unabhängigen Wahlbeobachtung nahekommt, ist die Anwesenheit der OSZE vor Ort. Bei den Wahlen im Herbst 2023 handelte es sich um ein kleines Team von vier Personen, und selbst diesen wird nicht einfach so Zugang gewährt. Der Bundesrat fordert lediglich die Kantone auf, ihre Gemeinden darüber zu informieren, dass den von ihm zugelassenen OSZE-Beobachtern Zugang gewährt werden soll [3]. Der Bericht der OSZE ist noch nicht veröffentlicht.

Jorgo Ananiadis, Präsident der Piratenpartei: „Wir Piraten haben Erfahrung mit falsch ausgezählten Urnen und ungenauer Technik. Anlässlich der Wahlen 2023 mussten wir leider erfahren, dass viele Schweizer Kantone und Gemeinden bevorzugt unbeobachtet ihre Resultate ermitteln wollen. Die Anerkennung von Wahlen und Abstimmungen braucht aber Vertrauen. Darum muss unabhängige Wahlbeobachtung uneingeschränkt möglich werden.“

2. Stimmrechtsbeschwerde bei Verstössen gegen die freie Meinungsbildung
Da Art. 189 Abs. 4 Ausnahmen durch ein Gesetz vorsieht, soll das BPR oder BGG um einen Passus ergänzt werden (Art. 80 Abs. 1 Bst. e BPR oder Art. 88 Abs. 1 Bst. b Ziff. 1/4 BGG):
– gegen Akte des Bundesrates bei Verstössen in der freien Meinungsbildung.

In den vergangenen Jahren kam es häufig vor, dass nicht nur in der direkten Kommunikation des Bundesrates Falschinformationen verbreitet wurden, sondern mehrfach sogar im Abstimmungsbüchlein. Die Piratenpartei selbst hat mehrmals Abstimmungsbeschwerden gegen solche Irreführungen eingereicht. Diese wurden aber vom Bundesgericht nicht berurteilt mit Verweis auf Bundesverfassung Art. 189 Abs. 4 [4] . Die unwahren Behauptungen waren gravierend und wohl mitentscheidend für den Ausgang einer Abstimmung wie beim PMT. Denn da wurde vom Bund kommuniziert, die Terrorismusdefinition sei die gleiche wie im Nachrichtendienstgesetz, was schlichtwegs falsch war. Nicht nur im Abstimmungsbüchlein stand diese unwahre Behauptung, Bundesrätin Karin Keller-Sutter beharrte auch auf Nachfrage in der SRF-Arena darauf (ab 04:08) [5]
In Folge legten die Piratenpartei, Rechtsprofessoren, ehemalige Bundesrichter und hunderte Privatpersonen Beschwerde ein [6], auf die das Bundesgericht nicht eintrat [7]. Dabei schreibt Art. 34 der Bundesverfassung [8] vor, dass die freie Willensbildung geschützt werden muss. Die Piratenpartei erachtet eine solche Desinformation der Stimmberechtigten als demokratieschädigend und sieht darum dringenden Handlungsbedarf indem ins BPR eine entsprechende Ergänzung aufgenommen wird.

Pascal Fouquet, Kampagnenleiter gegen das PMT: „Die unbestrittene Stärke der Schweizer Demokratie sind die Volksabstimmungen. Doch um dieses System zu erhalten, ist eine unabhängige Meinungsbildung unerlässlich. Der Bundesrat hat nachweislich wider besseres Wissen dagegen verstossen. Daher muss das Bundesgericht befugt sein, im Zweifelsfall über Desinformation seitens des Bundesrates zu urteilen. Oder ist es im Sinne der Bevölkerung, dass der Bundesrat einfach die Unwahrheit sagen darf?

3. Schweizweit einheitliche Stimmzettel für Sehbehinderte
Stimmzettel sind von den Kantonen schweizweit einheitlich zu gestalten, so dass diese mit den gängigen Lesehilfen problemlos nutzbar sind.
Wir erachten es als wichtig und zeitgemäss die Barrierefreiheit auch bei Wahlen und Abstimmungen zu ermöglichen. Deshalb fordern wir eine Präzisierung, dass die Stimmzettel schweizweit einheitlich zu gestalten sind. Dies hilft sehbehinderten Menschen die Stimmzettel mit Lesegeräten selbständig auszufüllen.

Jorgo Ananiadis, Präsident der Piratenpartei: „Der Föderalismus erlaubt es, dass jede Gemeinde ihre Abstimmungszettel komplett unterschiedlich gestaltet. Dieses Problem für Lesegeräte von Sehbehinderten schieben die Behörden seit Jahrzehnten vor sich hin und behaupten nun plötzlich, das unsägliche E-Voting komme ja bald. Dabei liegt die einfachste Lösung auf auf der Hand: Einheitliche Unterlagen.

Die Stellungnahme mit weiteren wichtigen Punkten finden Sie hier.

Quellen:
[1] https://fedlex.data.admin.ch/eli/dl/proj/2023/15/cons_1
[2] https://www.piratenpartei.ch/kantonale-gesetzliche-grundlagen-zur-wahlbeobachtung/
[3] https://so.ch/fileadmin/internet/staatskanzlei/stk-regierungsdienste/pdf/abstimmungen-wahlen/2023/Kreisschreiben_des_Bundesrates_vom_19.10.2022.pdf
[4] https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1999/404/de#art_189
[5] https://www.srf.ch/play/tv/arena/video/abstimmungs-arena-zum-terrorismus-gesetz?urn=urn:srf:video:6c1a2fda-7018-4d87-af4e-b0441d1c7a49
[6] https://www.piratenpartei.ch/2021/06/02/piratenpartei-beendet-masseneinsprache-gegen-das-pmt/
[7] https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/aza/http/index.php?lang=de&type=highlight_simple_query&page=1&from_date=&to_date=&sort=relevance&insertion_date=&top_subcollection_aza=all&query_words=Piratenpartei&rank=5&azaclir=aza&highlight_docid=aza%3A%2F%2F24-08-2021-1C_308-2021&number_of_ranks=5
[8] https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1999/404/de#art_34

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