AHV im Zeitalter der KI: Piratenpartei fordert Weichenstellung für die Zukunft anstatt Pflästerlipolitik

Die Piratenpartei hat in den letzten Jahren Technologiefolgenabschätzungen durchgeführt und dabei Grundrechtseingriffe und Überwachung kritisiert. Sie möchte jedoch ihre Expertise in die aktuelle AHV-Diskussion einbringen, da die Technologisierung auch diesen Bereich betrifft.
Bereits an der letzten Hauptversammlung am 10.12.23 wurde dieser Aspekt diskutiert und die Parolen gefasst.

Im Folgenden werden wir drauf eingehen, weshalb die Piratenpartei eine Erhöhung des Rentenalters für anachronistisch betrachtet und das Fehlen von Lösungsvorschlägen für eine zeitgemässe Finanzierung der 13. Monatsrente beanstandet.

In beiden Initiativen wurde es versäumt, die technologische Entwicklung zu berücksichtigen. Die laufende „fünfte industrielle Revolution“ wird zu grossen und schnell ablaufenden Umwälzungen des Arbeitsmarktes führen und stellt das heutige, hauptsächlich auf Lohnabgaben beruhende, Finanzierungsmodell der Sozialversicherungen in Frage. Schon heute setzen etwa ein Drittel der europäischen Unternehmen KI-basierte System ein, bis 2030 sollen es 75% sein.

Alle Prognosen gehen davon aus, dass die Produktivität  durch künstliche Intelligenz in den kommenden Jahren stark ansteigen wird . Manche Tätigkeiten können komplett durch Automatisierung ersetzt, andere mit weniger Zeitaufwand erledigt werden. KI wird sich keinesweges nur auf Jobs mit geringem Bedarf an spezialisierten oder kreativen Fähigkeiten auswirken, sondern auf die meisten Tätigkeiten die nicht direkt auf menschlicher Interaktion oder handwerklichem Können beruhen. Alle Sektoren sind betroffen, aber im Dienstleistungssektor ist mit Abstand das ausgeprägteste Produktivitätswachstum und damit auch Arbeitsplatzgefährdung zu erwarten.

Ob die Schweiz diese Disruption des Arbeitsmarktes sozialverträglich überstehen wird, hängt insbesondere von wirtschafts- und sozialpolitischen Rahmenbedingunegn ab. Die Piratenpartei fordert deshalb eine Diskussion über eine Reform der Sozialversicherungen, welche die absehbaren Auswirkungen von neuen Technologien berücksichtigt, statt diese weiterhin auszublenden.

Eine Annahme der Renteninitiative würde unserer Einschätzung nach das Risiko von Arbeitslosigkeit im Alter weiter erhöhen und somit die Arbeitslosenversicherung (ALV) belasten. Die Initiative für eine 13. AHV-Rente bietet keine Antwort auf deren Finanzierung. Eine Erhöhung der Lohnabzüge würde aus Sicht von Unternehmen die Attraktivität von menschlicher Arbeit, die zunehmend im Wettberwerb mit Automatisierung durch KI und Robotik steht, vermindern. Jedoch berücksichtigt selbst der Bund in seinen Grundlagen für die Prognoseberechnungen die Faktoren Technologisierung, Automatisierung und Einsatz von KI nicht.

Die Studie des IMF vom 22. Januar unterstreicht die Analyse der Piratenpartei, dass ältere Menschen in der KI-Transformation Probleme mit der Wiederbeschäftigung, der Anpassung an die Technologie, der Mobilität und der Schulung für neue berufliche Fähigkeiten haben werden. Und damit eine Stelle zu behalten oder zu finden. Genau diese Personengruppe hat nicht nur mit der Digitalisierung Probleme auf dem Arbeitsmarkt, sondern wird auch von einem beträchtlichen Anteil von Unternehmen gar nicht mehr angestellt.

Von der Entwicklung sind insbesondere hochentwickelte Wirtschaftsnationen betroffen. Analysten von Goldman Sachs gehen davon aus, dass weltweit 300 Millionen Vollzeitstellen durch generative KI automatisiert werden könnten.
Besonders stark davon betroffen sind Büro- und Verwaltungsberufe, während die Auswirkungen auf körperlich intensive Tätigkeiten, wie beispielsweise in der Baubranche, weniger ausgeprägt sind. In der Gesamtheit wird die Quote in hochentwickelten Industriestaaten wie den USA auf 25 bis 50 Prozent des Arbeitsaufkommens beziffert. Letzlich sollen zwei Drittel der Arbeitsstellen durch KI Veränderungen erfahren.  Fortschritte in der Robotik, die auch körperliche Tätigkeiten verändern werden, sind in diesen Zahlen noch nicht berücksichtigt.

Die Schweiz wird sich dieser Entwicklung nicht entziehen können. In den nächsten Jahren wird KI auch hier einen beträchtlichen Anteil der Arbeitsplätze negativ betreffen, respektive es wird ein substanzieller Teil davon wegfallen. Es ist also zu befürchten, dass das aktuelle Finanzierungsmodell der Sozialversicherungen erneut ins Wanken geraten könnte und sich somit die durch den demografischen Wandel prognostizierte Schieflage der AHV-Finanzen weiter zuspitzen wird. Aus den genannten Gründen erachten wir deshalb die 13. AHV-Rente als Pflästerlipolitik und eine Rentenaltererhöhung als nicht zielführend.

Es ist an der Zeit, einen Systemwechsel zu vollziehen und nicht nur oberflächliche Anpassungen vorzunehmen. Eine Reform muss die aktuellen technologischen Entwicklungen, wie beispielsweise Künstliche Intelligenz einbeziehen, darauf aufbauen und folgerichtig diese auch für die Finanzierung heranziehen. Unsere Gesetze und Richtlinien müssen mit der Technologie Schritt halten, um eine zukunftsorientierte und gerechte Gesellschaft zu gewährleisten. Digitalisierung und Automatisierung sollen dazu führen, dass wir mehr Freiheiten erlangen, sie müssen jedoch auch zur Stabilisierung unserer Sozialsysteme beitragen.

Philippe Burger, Vizepräsident der Piratenpartei Schweiz: Künstliche Intelligenz zahlt keine Sozialabgaben, raucht nicht, trinkt kein gebranntes Wasser und geht auch nicht in eine Spielbank. Wir müssen darüber diskutieren, wie sie ihren gerechten Beitrag an die Sozialsysteme leistet.

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