Die Piratenpartei nimmt unter Bezug auf die Vernehmlassung des EJPD Stellung zum neuen Spielbankengesetz. Sie nimmt zu Kenntnis, dass im neuen Geldspielgesetz die Onlineglückspiele integral geregelt werden sollen und dadurch die digitale Identität als wichtiger Bestandteil unseres Alltags und Lebens anerkannt wird. Allerdings ist sie gleichzeitig besorgt, dass Regelungen Einzug finden sollen, die der Realität entgegen stehen.
Wichtigste Grundsätze
Für Server im Internet gilt als wichtigstes Grundprinzip das Recht des Serverstandorts, nicht das Recht des Nutzers. Dies schafft Rechtssicherheit, da es einerseits für Staaten völlig unmöglich ist, nationales Recht im ganzen Internet durchzusetzen, und zweitens weil es Serverbetreibern nicht zugemutet werden kann, ihre Server so zu betreiben, dass sie sämtlichen Rechtsnormen aller Länder der Welt entsprechen. Dies soll auch bei Geldspielen so gehandhabt werden: Im Ausland legale Angebote sollen auch Schweizern ungehindert zugänglich sein. Ist ein Angebot im Ausland illegal, braucht es keine Zensur, vielmehr können die Vollzugsbehörden am Serverstandort eingeschaltet werden, um das Angebot entfernen zu lassen. Dabei ist darauf zu achten, dass unser nationales Recht Angebote in der Schweiz gegenüber Angeboten im Ausland nicht schlechter stellen soll, das heisst die Schweiz soll im Internet keine strengeren Regeln erlassen, als sie international üblich sind, gemessen an den Ländern, die am wenigsten regulieren.
Insbesondere gilt unsere Sorge der geplanten Einführung eines Zensursystems, welches einen aus freiheitlich demokratischer Sicht gefährlichen Präzedenzfall schafft. Ausserdem wird damit ein Scheinschutz eingeführt, dessen Wirksamkeit sich in der Realität als äusserst gering erweisen wird.
Wichtig ist in jedem Fall, dass gesammelte Personendaten zur Suchtprävention bestmöglich geschützt werden. Insbesondere müssen die verwendeten Verschlüsselungen und Schutzmassnahmen beim Austausch personenbezogener Daten stets den aktuellen, gängigen kryptographischen Standards entsprechen.
Personendaten sollen aber nur mit ausdrücklicher Einwilligung gesammelt werden dürfen. Die Einwilligung darf nicht Teilnahmebedingung sein. Eine anonyme Teilnahme an Glücksspielen soll möglich sein. Um Menschen mit Suchtproblemen zu schützen, fordert die Piratenpartei lediglich, dass nicht auf Kredit gespielt werden kann, und Verträge über Spielschulden nichtig sind, was bedeutet, dass Spielschulden nicht eingeklagt werden können. Im Übrigen hat jeder Mensch das Recht, über sein Einkommen frei zu verfügen, und es ist nicht Sache des Staates, darüber zu befinden, was gut für die Menschen ist und was nicht. Wenn jemand ein Suchtproblem hat, kann man dem auf verschiedene Weise begegnen. Eine Möglichkeit ist, dass sein Lohn (oder seine Sozialhilfe) nicht monatlich, sondern in vielen kleinen Raten ausbezahlt wird, was sicherstellt, dass er auch Ende des Monats noch Essen kann. Ausserdem könnte man mit dem Arbeitgeber vereinbaren, dass dieser grössere Rechnungen, wie die Miete, direkt überweist. Schädigt ein Spielsüchtiger seine Familie, so ist es in der Verantwortung des Partners zu reagieren und mit dem Arbeitgeber eine Lösung zu finden, zum Beispiel indem der Partner die Finanzen verwaltet. Für all diese Lösungsansätze braucht es den Staat nicht, sondern die Beteiligten übernehmen selbst die Verantwortung.
Grundsätzlich verlangt die Piratenpartei Schweiz, die Sonderstellung von Geldspielen, sowie die Konzessionierungspflicht aufzuheben, Geldspiele wie jede andere wirtschaftliche Tätigkeit zu betrachten, und Gewinne ganz normal zu besteuern. Die Piratenpartei verlangt daher die ersatzlose Aufhebung des Bundesgesetzes über Geldspiele.
Solange der Markt für Geldpiele künstlich limitiert wird, beispielsweise durch Konzessionen, fallen auf die wenigen legalisierten Anbieter sehr grosse Gewinne ab, die sich ansonsten auf viel mehr Anbieter verteilen würden. Somit kommt es automatisch und zwingend bei der Erteiligung von Bewilligungen zu Willkür, Vetternwirtschaft und Bestechung. Das wiederum zieht das organisierte Verbrechen an. Lässt man den Markt hingegen frei spielen, wird sich der Markt auf einem normalen Niveau einpendeln, bei dem die einzelnen Anbieter keine exorbitanten Gewinne mehr erreichen können.
Zu den Artikeln
Konkret nimmt die Piratenpartei Schweiz zu den folgenden Artikeln Stellung.
Art. 2 d: Gewinne aus Glückspielen für gemeinnützige Zwecke zu verwenden, ist heuchlerisch. Glückspiele sind ein Geschäft wie jedes andere auch. Es soll behandelt und besteuert werden, wie jedes andere Geschäft auch. Die Idee, Geldspielgewinne gemeinnützigen Zwecken zukommen zu lassen entspricht einem Ablasshandel, mit dem man sich von einem schmutzigen Geschäft freikaufen will. Die Piratenpartei hingegen betrachtet den Wunsch der Menschen nach Geldspielen und nach unverdienten Gewinnen als normale menschliche Regung, dessen Befriedigung nichts anrüchiges inne wohnt.
Selbst wenn man diesen – und damit Glücksspiele – durch Schadwirkung bei überbordendem Spielen ablehnen würde, müsste die Zweckbindung streng an die Reduktion der Spielsucht gebunden wird und darf nicht für allgemein „gemeinnützig“ definierte Zwecke eingesetzt werden. Ansonsten werden Förderungen des (ggf. monopolisierten) Glücksspiels geradezu dadurch interessant, welche in letzer Konsequenz jedoch auch in der Bevölkerung das Risiko zur Spielsucht eher steigern dürften und somit in direktem Widerspruch zur Begründung einer Abfederung der sozialen Folgen des Spielens stehen.
Die Piratenpartei fordert, Glückspiele ganz normal über den Unternehmensgewinn zu versteuern, mit dem normalen Steuersatz. Eine Sonderregelung lehnt sie ab.
Art. 3: Diese Definition ist sehr schwammig und eigentlich völlig unnötig. Man sollte keine Unterschiede machen, oder wenn, dann höchstens basierend auf der Höhe des Einsatzes oder des Umsatzes. Nach dieser Definition könnte Roulette sowohl ein Geldspiel sein, als auch eine Lotterie, denn es steht einer unbegrentzten Anzahl Personen offen (insbesondere wenn es online durchgeführt wird, ansonsten ist es eine Frage des Platzes), und das Ergebnis wird durch eine Zufallsziehung ermittelt.
Art. 4: Eine Bewilligungs- oder Konzessionspflicht ist eine starker Eingriff in die Handelsfreiheit, den die Piratenpartei ablehnt. Eine Bewilligung nur auf die Schweiz zu reduzieren, macht insbesondere dann keinen Sinn, wenn das Spiel im Internet angeboten wird. Im Internet lässt sich eine Bewilligungs- oder Konzessionspflicht nicht menschenwürdig umsetzen, es müssten Zensurmassnahmen eingeführt werden, die ohnehin umgangen würden. Daher führt eine Bewilligungspflicht im Imternet nur dazu, dass schweizer Anbieter benachteiligt werden, denn nur sie unterstehen der schweizer Gesetzgebung. Im Internet ist eine Bewilligungs- oder Konzessionspflicht daher unbedingt abzulehnen. Ein grosses Problem bei wenigen Konzessionen und hohen Anforderungen ist, dass Investoren unter extrem hohem Verlustrisiko viel Geld einsetzen müssen, dabei aber kaum gewinnen können. Das Erlangen einer Glückspielkonzession selbst wird zum Glücksspiel. Eigentlich müsste der Bund sich zuallererst sich selbst eine Glücksspielkonzession erteilen!
Art. 5: Eine «online»-Konzession macht keinen Sinn, da das Internet grenzenlos ist. Entsprechend soll Glückspiel im Internet nicht reguliert werden. Im Internet soll jeder anbieten können, was er will. Die Bevölkerung ist ohnehin bereits sensibilisiert darauf, dass die Betrugsgefahr im Internet hoch ist. Daher werden sich Anbieter von Geldspielen ohnehin überlegen müssen, wie sie für ihre Kunden Vertrauen schaffen.
Die Piratenpartei fordert, auf eine Bewilligungs- oder Konzessionspflicht ist zu verzichten.
Die Piratenpartei fordert, ein grenzenloses und unzensiertes Internet mit gleich langen Spiessen für schweizerische und ausländische Anbieter, das heisst das Recht auf einen legalen Betrieb auch ohne Bewilligung oder Konzession.
Art. 8: Wenn man die Bewilligungspflicht nicht ganz aufheben will, so soll es wenigstens einen Anspruch auf Bewilligung geben, wenn die notwendigen Voraussetzungen erfüllt sind. Die in Art. 8 genannten Voraussetzungen sind durchaus sinnvoll, aber dann soll es bei Erfüllung dieser Voraussetzungen zumindest ein Recht auf eine Konzession geben. Das heisst, anstatt: «Art. 8.1 Eine Konzession kann erteilt werden, wenn: […]», soll es heissen: «Art. 8.1 Eine Konzession muss erteilt werden, wenn: […]». Art. 5.3, 6, 7 sind zu streichen.
Die Piratenpartei fordert die Abschaffung der Konzessionspflicht. Lehnt der Gesetzgeber das ab, fordert die Piratenpartei ein Recht auf Erteilung einer Konzession unter klar formulierten Voraussetzungen.
Die Piratenartei fordert die Streichung von Art. 8.a.5. Es soll vom Gesetzgeber kein «volkswirtschaftlicher Nutzen» für eine wirtschaftliche Tätigkeit eingefordert werden dürfen. Der volkswirtschaftlicher Nutzen einer freien Wirtschaft ist inhärent und braucht nicht im Einzelfall belegt zu werden.
Art. 9: Die Anforderungen aus Art. 8 sind für den Betrieb eines Online-Casinos massiv zu hoch. Der Betrieb eines Glücksspiels im Internet ist sehr viel einfacher, daher sind auch die Anforderungen sehr viel niedriger anzusetzen. Insbesondere darfs es im Internet keine Beschränkung der Konkurrenz geben. Idealerweise ist Art. 9 zu streichen und das Internet aus dem Geldspielgesetz zu entfernen. Mindestens aber sind die Anforderungen zu reduzieren.
Die Piratenpartei fordert keine spezielle Regulierung für online Geldspiele, oder zumindest eine Beschränkung auf einfache und unkomplizierte Regeln.
Die Piratenpartei fordert keine Konzessionspflicht im Onlinebereich, oder zumindest eine unlimitierte Abgabe von Konzessionen aufgrund einfacher Voraussetzungen.
Art. 11: Der Bundesrat soll nicht abschliessend über Konzessionserteilungen entscheiden. Die Erteilung von Konzessionen soll, wenn man sie nicht abschafft, den Gemeinden oder zumindest den Kantonen überlassen werden. Ausserdem soll es Rekursinstanzen geben. Es macht auch überhaupt keinen Sinn, wenn jeder Onlineanbieter ebenfalls eine Konzession vom Bundesrat benötigt, denn das könnten hunderte oder tausende sein. Das ist ein weiterer Grund, auf eine Konzessionspflicht für Internetanbeter zu verzichten.
Die Piratenpartei fordert, dass die Erteilung von Konzessionen, wenn man sie nicht abschafft, nach unten delegiert werden, an Gemeinden oder Kantone.
Die Piratenpartei fordert, dass eine Rekursinstanz für die Entscheidung auf Konzessionserteilung festgelegt wird.
Art. 12: Die Verknüpfung einer online Konzession mit einer analogen Konzession ist völlig sinnlos.
Die Piratenpartei fordert: Keine Verknüpfung von online Konzessionen mit analogen Konzessionen.
2. Abschnitt, Art. 16: Es soll kein Einfluss auf die Inhalte des Spielangebots genommen werden. Sinnvoll wäre einzig die Pflicht auf Offenlegung der Spielregeln und Spielverfahren gegenüber den Kunden, sowie die Einhaltung derselben. Diesbezüglich ist einzig Art. 17.1 sinnvoll.
Die Piratenpartei fordert, dass der Staat keinen Einfluss auf Inhalt, Ablauf, Regeln der angebotenen Spiele nimmt.
Art. 17.2: Es ist problematisch und unerwünscht, Personen im Internet zu überwachen. Dieser Artikel ist daher zu streichen.
Die Piratenpartei fordert: Keine Überwachung der online Spieler.
Art. 18.2: Eine Akkreditierungsstelle ist sicherlich sind voll, aber nicht als obligatorische Voraussetzung, sondern als freiwillige Prüfstelle, die ein Siegel für vertrauenswürdige Spielbanken ausgibt, analog zu den geprüften online Shops. Dafür braucht es aber weder den Staat, noch ein Gesetz. Ausserdem ist es in der Praxis unmöglich zu garantieren, dass ein digitales Spiel zu jeder Zeit und immer fair ablauft und nicht doch nach der Akkreditierung manipuliert werden kann. Technische Schlupflöcher zur Umgehung gibt es immer.
Art. 20ff: Durch die Mangelhafte Definition in Art. 3 fallen darunter wohl auch die meisten online Spiele. Online Spiele sollen explizit ausgenommen werden, so man nicht gänzlich auf eine Regulierung verzichten will. Die Unterscheidung zwischen Grossspielen und Spielbankenspielen ist bei online Spielen vollig sinnlos. Online Spiele sind online Spiele und nicht durch physikalische Hemmnisse begrenzt, wie das bei Spielbankenspielen, die in Casinos stattfinden und Lotterien, die an Kiosks vertrieben werden. Online kann ein Betreiber problemlos alles auf der gleichen Seite anbieten.
Die Piratenpartei fordert, online Spielen keine künstlichen Hemmnisse aufzuerlegen und alle online Spielarten gleich zu behandeln.
Art. 24: Auch hier gilt: Eine Bewilligung soll erteilt werden müssen, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind.
Art. 32.2: Streichen. Es ist nicht ersichtlich, warum eine beauftragte dritte Organisation gemeinnützige Zwecke verfolgen muss.
Art. 33.2: Streichen. Lotterien sollen auch aus reiner Gewinnsucht betrieben werden dürfen.
Art. 34.1: Streichen. Es ist nicht ersichtlich, warum Sportwetten nicht auch andernorts durchgeführt werden sollten. insbesondere sollen Sportwetten auch im Internet durchgeführt werden können.
Art. 34.2: Auch hier sollen nicht gemeinnützige Zwecke vorausgesetzt werden.
Die Piratenpartei fordert, Kleinspiele nicht von gemeinnützigen Zwecken abhängig zu machen.
Die Piratenpartei fordert: Von einer Bewilligungspflicht für Kleinspiele ist abzusehen, ebenso von den bundesrätlichen Einschränkungen bezüglich Bewilligungsvoraussetzungen.
Art. 44: Streichen. Dies würde zulassen, dass ein Spielbetrieb Spieleinsätze von nicht zugelassenen Spielern einnimmt und diese dann ohne Gegenleistung zurückhält. Geschädigt wäre nur der Spieler, nicht aber der Spielbetreiber, der seiner Aufsichtspflicht nicht nachgekommen ist.
Die Piratenpartei fordert: Wenn es zu Einsätzen und Gewinnen durch nichtzugelassene Spieler gekommen ist, sollen diese für das entsprechende Spiel wie zugelassene Spieler behandelt und danach von weiteren Spielen ausgeschlossen werden.
Art. 45.2 und 3: «angemessen» ist ein sehr schwammiger Begriff. Artikel 45 ist zu streichen. Artikel 45 soll gestrichen werden.
Die Piratenpartei fordert, Verträge mit Dritten nicht weiter einzuschränken.
Art. 49: Streichen. Eine Anzeigenpflicht verletzt das Vertrauensverhältnis zwischen der Revisionsstelle und ihrem Auftraggeber. Zumindest soll die Anzeigepflicht dahingehend abgeschwächt werden, dass die Revisionsstelle dem Kunden zuerst Meldung erstattet und diesem die Gelegenheit gibt, sich zu erklären und allenfalls Massnahmen zur Verbesserung vorzuschlagen. Erst wenn dieser Schritt nicht zu einem gesetzeskonformen Resultat führt, soll die Revisionsstelle Anzeige einreichen müssen.
Die Piratenpartei fordert Augenmass bei der Anzeigenpficht.
Art. 50: Streichen. Mit Personendaten soll sparsam und zurückhaltend umgegangen werden. Insbesondere soll auch ein anonymes Spielen ermöglicht werden.
Die Piratenpartei fordert den Verzicht auf die Erhebung von Personendaten.
Art. 52: Streichen. Das ist ein Eingriff in die Berufs- und Wirtschaftsfreiheit.
Art. 53: Streichen. Die Verweigerung der Spielteilnahme ohne Gründe öffnet Diskriminierungen jeglicher Art Tür und Tor. Ausserdem könnten so geschickte Spieler von Spielen ferngehalten werden.
Art. 54: Streichen. Die Anonymität soll gewährleitet sein.
Die Piratenpartei fordert anonymes Spielen. Wenn Personendaten geprüft werden (z.B. Alterüberprüfung oder Abgleich mit dem Register für Spielsperre, etc.), dann sollen diese Daten zumindest nicht erfasst und nicht gespeichert werden.
Art. 56: Streichen. Die Höchsteinsätze sollen vom Betreiber frei festgelegt werden dürfen.
Art. 57: Streichen. Diese Vorschrift geht zu weit ins Detail. Der Entscheid soll dem Betreiber überlassen sein.
Art. 60: Streichen. Gewerbsmässig organisierte Spielgemeinschaften sollen nicht verboten werden.
Art. 62/63: Streichen. Es braucht keine über ein normales Strafverfahren hinausgehenden Regulierungen oder Kompetenzen.
Art. 64 Streichen, siehe Art. 50.
Art. 67.2: Hier wäre es für die Piratenpartei denkbar, Checks und Kreditkarten explizit auszuschliessen, um die Gefahr einer Verschuldung von Spielsüchtigen zu verringern.
6. Kapitel: Streichen. Siehe Einleitung. Als sinnvoll erachtet die Piratenpartei allenfalls die Einschränkungen in den Artikeln: 71 (Werbung), 72 (Dahrlehen, Vorschüsse, Gratisspiel), 74 (Information).
Art. 79: Die Daten in einem Register sind angemessen zu schützen.
Über das Internet ist es viel einfacher, Zugriff auf sensible Daten zu erhalten, als dies bei Papierdokumenten der Fall ist. Dazu kommt, dass bei nicht sachgemässer Absicherung von Dateiablagen ein unbefugter Eindringling potenziell Zugriff auf alle Daten erhält. Er muss nicht mühsam viele Ordner aus einem Gebäude hinaustragen, sondern kann in Sekundenschnelle alle Dossiers herunterladen. Deshalb muss dem Schutz der Daten eine besondere Achtung geschenkt werden.
Der Austausch der Daten muss nach als sicher geltenden Standards und bezüglich dem verwendeten Transportmittel adäquat verschlüsselt erfolgen. Die Verschlüsselung muss regelmässig evaluiert und den neuen Gegebenheiten angepasst werden. Auch die Speicherung der Daten muss so gelöst sein, dass die Hürden möglichst hoch sind, Zugriff auf alle Daten auf einmal zu erlangen. Dies erreicht man beispielsweise mit einer verteilten statt zentralen Datenbank und mit einer klugen Verschlüsselungsmethode.
Die Piratenpartei fordert, auf das Sammeln von Personendaten zu verzichten, oder zumindest einen angemessenen Schutz aller gesammelten Daten.
Kapitel 7, Art. 88ff: Streichen. Keine Sperrung des Zugangs zu nicht bewilligten Spielangeboten.
Die Intention, den Zugang zu nicht bewilligten Spielen zu sperren, ist aus suchtpräventiver Sicht nachvollziehbar. Aus technischer und demokratischer Sicht allerdings muss dieser Artikel vehement abgelehnt werden. Zensur ist eine Form der Gewalt gegen die Bevölkerung, ein Mittel von Diktaturen, das einem liberalen Rechtsstaat in keiner Form zusteht. Die Piratenpartei spricht dem Staat jegliches Recht auf Zensur grundsätzlich ab.
Dieser Artikel ist ein Zensurartikel, dessen zugrundeliegende technische Semantik DNS-Sperren sind. Diese haben sich in der Vergangenheit weltweit in mehrfacher Hinsicht als unwirksam erwiesen. Es ist schlicht trivial, diese Sperren innert Minuten zu umgehen. Selbst wenn die Umgehung nicht trivial wäre, oder erst recht dann, darf Zensur im Internet unter keinen Umständen eingeführt werden.
Wie einfach eine solche Sperre zu umgehen ist, hielt beispielsweise das Landesgericht Hamburg in einem Urteil vom 12. November 2008 fest. Gemäss Urteil ist es den Richtern «in wenigen Minuten» gelungen, eine Internetseite mit einer Anleitung zur Umgehung solcher Sperren zu finden. Beim Verfahren ging es darum, Urheberrechtsverletzungen durch DNS-Sperren zu beschränken. Technisch gesehen eine Analogie zum vorgeschlagenen Artikel 88 – dieser will ja Onlinespielangebote durch DNS-Sperren unzugänglich machen.
Ein Auszug aus dem Urteil des Landesgerichts Hamburg:
Die Eignung einer «DNS-Sperre» zur Verhinderung des Zugriffs auf einen Internetauftritt ist aufgrund von Umgehungsmöglichkeiten, etwa durch Eintragung eines anderen Nameservers, nur beschränkt (vgl. LG Kiel,MMR 2008, 123, 124; Gehrke, MMR 2008, 291). Ohne Erfolg verweisen die Antragstellerinnen darauf, dass die Mehrzahl der durchschnittlichen Internetnutzer durch eine DNS-Sperre davon abgehalten würden, einen anderen Weg zu dem gesperrten Internetauftritt zu suchen.
Zum gleichen Ergebnis kommt in einem weiteren Urteil der niederländische Gerechtshof Den Haag. Er sieht DNS-Sperren als unwirksam an und hat mit einem Urteil vom 28.1.2014 entschieden, dass solche unwirksame Massnahmen nicht von Internetzugangsanbietern verlangt werden können. Der Gerichtshof berücksichtigt hierbei die sogenannte Baywatch-Studie, die die (Un-)Wirksamkeit von DNS-Sperren analysiert. Diese Sicht deckt sich mit diversen Studien und Expertenmeinungen.
Der Versuch, einzelne Internetadressen zu sperren, kommt dem Versuch gleich, in allen Telefonbüchern (und Kopien davon) eine bestimmte Telefonnummer zu schwärzen. Eine Umgehung ist offensichtlich trivial: Ist ein Eintrag in einem Register geschwärzt, nimmt man einfach ein anderes Register, wo der Eintrag nicht geschwärzt ist.
Solche Sperren sind nicht nur unwirksam, weil sie umgangen werden können, sondern auch, weil die unbewilligten Angebote beispielsweise in Suchmaschinen weiterhin auffindbar sind. Die vorgeschlagenen Sperren sind aus technischer Sicht schlicht untauglich, um ausländische unbewilligte Angebote von Schweizer Internetanschlüssen fernzuhalten.
Da das Internet nicht an der Grenze aufhört, sondern ein internationales Netz ist, gibt es technisch nur einen Weg, potenziell schädliche Onlinespielangebote einzuschränken: Internationale Abkommen über zu erfüllende Kriterien von legalen Onlinespielen und die konsequente Abschaltung von Angeboten, die dagegen verstossen. Nur durch dessen Abschaltungen bzw. Löschung kann der Zugang zu einem unbewilligten Angebot unterbunden werden.
Ein weiteres und sehr stark zu gewichtendes Problem dieses Vorschlags ist dessen Zensurcharakter. Ausserdem sieht er keine gerichtliche bzw. demokratisch ausreichend legitimierte Kontrollinstanz vor. Im Fall der Einführung solcher Sperren würde ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen, der die freie Meinungsäusserung einschränkt und folglich die freiheitliche-demokratische Ordnung gefährdet. Staatliche Kontrolle des Informationsflusses, also Zensur, hat in einer Demokratie keinen Platz.
Dazu kommt, dass die zuständige Behörde keine Pflicht erhält, die Sperrliste regelmässig auf ihre Gültigkeit hin zu kontrollieren und veraltete Einträge zu löschen. Auch müsste im Gesetz besser festgehalten werden, dass Subdomains, die auf andere Angebote verweisen, nicht von solchen Sperren betroffen sein dürfen.
Zu guter Letzt besteht die Gefahr, dass die Internetzugangsanbieter durch eine solche Präzedenzregelung ihre Neutralität nach und nach verlieren. Die Internetzugangsanbieter sind aber zwingend mit der Post gleichzusetzen, die Pakete transportiert und dem Postgeheimnis unterliegt. Es darf keine generelle Blockierung des Informationsaustausches von einem bestimmten Absender aus geben.
Ist ein Inhalt illegal, so muss er nach einem richterlichen Beschluss gelöscht werden. Im Fall von ausländischen Angeboten muss mit Rechtshilfegesuchen gearbeitet werden und wo notwendig müssen die notwendigen Grundlagen durch internationale Abkommen geschaffen werden.
Entgegen den Angaben im erläuternden Bericht zum Gesetzesentwurf ist es aufgrund dieser Betrachtungen nicht gerechtfertigt, auf solche Zensurmassnahmen zurückzugreifen. Es ist ein unverhältnismässiger Eingriff in die Grundrechte, der abzulehnen ist. Die Behauptung, Benutzerinnen und Benutzer brauchen technische Kenntnisse, um die Sperren zu umgehen, ist falsch. Ein Benutzer muss lediglich Google bedienen können und braucht keinerlei Kenntnisse, um innert Minuten die Sperren zu umgehen. Im Bericht wird weiter gesagt, die Sperren seien nicht hundertprozentig wirksam. Dies ist ein unangebrachter Euphemismus – es gilt festzuhalten, dass kaum eine Wirkung feststellbar sein wird.
Die Piratenpartei fordert, dass das Recht am Serverstandort gelten soll, nicht das Recht am Standort des Nutzers. Am Serverstandort legale Angebote sollen in der Schweiz nicht blockiert werden. Am Serverstandort illegale Angebote sollen den zuständigen Behörden gemeldet und ebenfalls nicht blockiert werden. Auf Sperrungen in jeglicher Form ist zu verzichten.
Art. 102: Auch hier kommt es zu einer Verarbeitung besonders schützenswerter Personendaten. Solche Daten sind entweder besonders gut zu schützen, oder besser noch, sie sollen nicht erhoben und nicht gespeichert werden.
Fazit
Ein Bundesgesetz über Geldspiele und die integrale Berücksichtigung von Onlineangeboten ist überflüssig. Insbesondere unterliegen Glückspiele im internet ganz anderen technischen Voraussetzungen, weshalb sie keinesfalls mit klassischen Glückspielen verglichen oder auch nur annähernd gleich behandelt werden können. Der Versuch, das Internet zu regulieren ist ausserhalb einer internationalen Zusammenarbeit und abseits einer international aneinander abgeglichener Gesetzgebung schädlich für die Freiheit der Schweizer und ein klarer Wettbewerbsnachteil für Anbieter in der Schweiz, die sich an Auflagen halten müssen, welche für ausländische Anbieter nicht gelten, und das bei Zensurmassnahmen, die leicht umgangen werden können. Sowieso nicht zensiert werden kann Werbung durch Spammails. Jeglicher Versuch das Internet zu zensieren scheitert glücklicherweise an der Wirkungsweise des Netzes, es gibt keine Eingriffe, für die keine Umgehung einfach möglich ist. Es zeichnet den aufgeklärten modernen Rechtsstaat aus, freiwillig auf Eingriffe ins Internet zu verzichten. Die Zensurartikel müssen daher ersatzlos gestrichten werden. Zudem bedarf es einer expliziten Gewährleistung des Schutzes der anfallanden sensiblen Daten über die Spieler, insofern nicht auf die Datenerhebung gänzlich verzichtet werden kann.
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