Die Piratenpartei Schweiz hat an der letzten Piratenversammlung mit grosser Mehrheit beschlossen, den Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern ein doppeltes Nein zur Ausschaffungsinitiative und zum Gegenvorschlag zu empfehlen. Im Folgenden erklären wir, welche Überlegungen dazu geführt haben.
Rechtsgleichheit
Alle Ausländer, die eines der im Initiativtext aufgeführten Delikte begangen haben, sollen neben der auch für Schweizer gültigen Strafen zusätzlich mit einem Landesverweis sanktioniert werden. So will es die Ausschaffungsinitiative. Die Piratenpartei ist der Meinung, dass dies nicht mit der Schweizer Bundesverfassung vereinbar ist. In Artikel 8 heisst es: «Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich». In der Schweiz leben viele Ausländer, die hier geboren und aufgewachsen sind. Die Piratenpartei meint, dass es für diese kein Sonderrecht braucht – dass es keine Zwei-Klassen-Justiz geben darf. Das Strafrecht muss für alle gleich gelten. Ein Verbrechen ist nicht mehr oder weniger schlimm, wenn es von einem Ausländer oder einem Schweizer begangen wird!
Aber ist es nicht legitim, jemanden hinauszuwerfen, der das Gastrecht missbraucht?
Wenn es jemanden betrifft, der freiwillig zugezogen ist, kann man das durchaus so sehen. Jemand, der hier geboren wurde, als Kind hierher gebracht wurde oder als echter Flüchtling in die Schweiz einreiste hat sich dieses Land aber nicht ausgesucht. Die Gast-Metapher kann hier nicht gelten – diese Menschen sind keine Gäste, sondern regulärer Teil der Schweizer Bevölkerung.
Aber solche Personen können sich ja einbürgern lassen?
Fakt ist, dass sich viele Ausländer der zweiten und dritten Generation nicht eingebürgert haben. Die Gründe sind unter anderem auch finanzieller Natur. Es gibt keinen Grund, die Bestrafung davon abhängig zu machen, ob sich jemand zur Einbürgerung entschieden hat oder nicht: Straftat bleibt Straftat.
Verhältnismässigkeit
Die Ausschaffungsinitiative möchte Bagatelldelikte (wie z.B. unberechtigter Sozialhilfebezug in kleiner Höhe, selbst wenn er ohne Absicht geschieht) mit einer Ausweisung bestrafen – während Schweizer praktisch straffrei davonkommen. Wir erkennen bei diesem Konzept keine Verhältnismässigkeit. Es kommt dazu, dass Ausländer der 2. und 3. Generation ihre Heimat und ihr gesamtes soziales Netz in der Schweiz haben. Eine Ausweisung kommt bei ihnen einer Verbannung gleich. Verbannungsstrafen sind ein Werkzeug des Spätmittelalters; in unserer Zeit haben sie nichts verloren. Menschen zwangsweise zu entwurzeln ist unserer Meinung nach selbst bei schweren Verbrechen nicht verhältnismässig.
Damit nehmt ihr doch Kriminelle in Schutz?
Harte Strafen für Kriminelle sind nötig und kein Widerspruch zur Forderung nach Verhältnismässigkeit. Es gibt innerhalb der Schweiz genügend Möglichkeiten zur angemessenen Bestrafung. Des weiteren ist uns der Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Straftätern wichtig: Ein solcher Schutz kann nur durch inländische Massnahmen (im Extremfall bis hin zur Sicherheitsverwahrung) geleistet werden. Landesverweise hingegen bieten der Bevölkerung keinen Schutz, da Täter problemlos erneut einreisen und sich illegal im Land aufhalten können.
Sippenhaft
Sehr oft hängt die Aufenthaltsbewilligung einer Familie vom Vater ab, denn der Aufenthaltszweck der Frau lautet «Verbleib beim Ehemann». Wird der Vater ausgewiesen, verlieren auch die restlichen Familienmitglieder das Aufenthaltsrecht, obwohl sie nicht gegen das Gesetz verstossen haben. Bleibt in Härtefällen das Aufenthaltsrecht erhalten, dann wird die Familie auseinandergerissen. Dies gilt es zu verhindern; das Wohl der Kinder geht vor.
Fazit
Der Staat soll Kriminelle bestrafen und die Bevölkerung schützen. Aber er soll alle Kriminellen gleich behandeln, er soll die Verhältnismässigkeit wahren, und er soll möglichst keine Unschuldigen mitbestrafen. Leider ist es auch beim Gegenvorschlag keineswegs ausgeschlossen, dass Menschen aus ihrer Heimat – also da, wo sie aufgewachsen sind – verbannt werden. Die Piratenpartei setzt sich für starke Bürger- und Grundrechte ein. Deshalb lehnt sie die Ausschaffungsinitiative sowie den Gegenvorschlag ab.
Weblinks
http://www.2xnein.ch
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