Français
Präambel
Der Schutz geistiger Werke für die Gemeinschaft kann sich nur legitimieren, indem sie geistige Werke in ausreichender Anzahl und Qualität der Allgemeinheit zugänglich macht. Jedes geistige Werk enthält inhärent die Schöpfung anderer, daher hat jeder Urheber ein Interesse an der Begrenztheit dieses Monopols. Der Schutz geistiger Werke muss sich daher sowohl in Zeit, als auch im Umfang zurückhalten.
Das junge Urheberrecht ist durch technischen Fortschritt schneller ausgedehnt worden, als dies durch den Nutzen für die Allgemeinheit begründbar ist. Wir betrachten es als offensichtlich, dass die Urheber und die Verwerter ihr Privileg der Nutzung geistiger Werke über das Mass des Sinnvollen ausgedehnt haben und diese Privilegien nun zum Schaden der Gemeinschaft ausnutzen.
Auch ein geistiges Monopol muss sich nach sinnvollen Kriterien richten. Die Schutzwürdigkeit von geistigen Werken soll auch an der Originalität und Schöpfungshöhe gemessen werden. Den Schutz auf kleinste Variationen eines Werkes halten wir für eine Perversion der ursprünglichen Idee. Auch der Umkehrschluss gilt, dass triviale Verletzungen des Urheberrechts toleriert werden müssen wenn es der Gemeinschaft dienlich ist. Wir fordern daher ein Urheberrecht, welches den besten Zugang zu den besten Werken zum Wohle aller ermöglicht.
Forderungen:
Dieses Positionspapier enthält einen Anhang zur geschichtlichen Grundlage des Urheberrechts in Appendix A und einige ausführlichere begründete Beispiele in Appendix B. Es wird empfohlen bei Fragen die Appendizes zu konsultieren.
Reduktion Schutzdauer
Forderung:
Das Urheberrecht wird auf eine Schutzdauer von 14 Jahren begrenzt. Das Urheberrecht ist ein Monopolrecht. Es soll den Künstler dazu animieren, Werke zu schaffen, welche es bis an hin noch nicht gab, oder Werke zu erweitern, in dem er Kunstwerke imitiert, interpretiert, verändert, und somit in neue Werke transponiert. Wie bei Erfindungen soll ihm dieser Schutz auch ein Einkommen ermöglichen. Das Urheberrecht muss daher immer an eine natürliche Person gebunden sein, dem Erschaffer des Werkes. Die historische Entwicklung zeigt aber, dass das Urheberrecht als ein Schutz für das Verlagswesen entwickelt wurde, bei dem der Künstler anfangs nur eine Nebenrolle spielte.
Ein neues Urheberrecht sollte deshalb die individuelle Freiheit des Erschaffers wiedergeben. Es soll dabei auch die Rolle der Verlage neu überdacht werden. Waren sie früher notwendig, um Kopien in guter Qualität zu erzeugen, sind sie heute nur noch ein Distributionskanal unter vielen. Der individuelle, direkte Distributionskanal zwischen Künstler und Konsument im Internet hat eine neue Dimension eröffnet, welche die individuelle Abgeltung zu einem gangbaren Weg macht. Dies war zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch nicht möglich, als Radioanstalten zu Recht verlangten, nicht individuell mit den Künstlern verhandeln zu müssen.
Das Urheberrecht schafft also ein künstliches Monopol, da man im Umfeld digitaler Kopien die meisten dieser Produkte ohne Verlust in unbegrenzter Zahl zur Verfügung stellen könnte. Ein künstliches Monopol braucht eine klare Begründung und muss einen eindeutigen Vorteil für die Gesellschaft ergeben, damit der Staat es unterstützen soll. Der Vorteil der Gesellschaft an dem Monopol ist die andauernde Erschaffung künstlerischer Werke und für den Künstler ein mögliches Auskommen. Natürlich ist ein Monopol alleine kein Garant dafür, dass solch ein Auskommen möglich ist. Viele Künstler sind auch mit dem alten Urheberrecht nicht in der Lage, ihr Auskommen nur aus ihrer Kunst zu bestreiten. Es gibt andererseits auch kein natürliches Anrecht darauf, aus irgendwelchen Leistungen ein Auskommen zu erhalten. Wir halten eine begrenzte Frist von 14 Jahren für vollkommen ausreichend, um die Interessen der Künstler zu schützen. Nach diesen 14 Jahren soll jegliche Nutzung mit Namensnennung des ursprünglichen Künstlers möglich sein.
Ob Bücher, CDs, Filme oder Spiele; der Grossteil der Einkünfte aus dem Verkauf wird in einem relativ kurzen Zeitrahmen nach der Veröffentlichung erzielt.
In Anlehnung an das Patentrecht: Wenn Erfindungen, welche Millionen oder Milliarden zur Entwicklung kosten, nur einen Schutz von 20 Jahren geniessen, ist es schwer zu erklären, warum ein Buch einen Schutz von möglichen 120 Jahren und mehr geniessen sollte. Dieser Widerspruch zwischen Erfindung und Urheberrecht ist so offensichtlich, das er nur schwer mit den individuellen Rechten des Urhebers erklärt werden kann.
14 Jahre war die ursprüngliche Frist, welche 1790 in den USA als Urheberrechtsschutz gewährt wurde. Im Laufe des 20. Jahrhunderts kam es zu einigen starken Verlängerungen dieses Urheberrechts, welche heute bis 95 Jahre nach dem Tod gelten können, was theoretisch dazu führen kann, dass Werke fast 200 Jahre einen Schutz geniessen. Dies ist nicht mehr damit erklärbar, dass man den Urheber schützen will.
Wir halten eine fixe Frist für sinnvoll. Es ist nicht einzusehen, warum ein Bild eines 20-Jährigen 50 Jahre länger geschützt sein soll, als das Bild eines 70-Jährigen. Das Urheberrecht ist dazu da, dem Künstler einen Vorteil zu geben, nicht seinen Kindern und Enkeln, diese profitieren bereits vom möglichen Gewinn des Urhebers. Eine fixe Zeit gibt jedem die gleichen Möglichkeiten, seine Schöpfung zu nutzen, unabhängig vom Alter. In diesem Sinne ist es eine faire Lösung. Wir denken, es sollte überprüft werden, ob ein Werk nur dann Schutz geniesst, wenn auch klar gekennzeichnet wurde, wann dieses Werk veröffentlicht wurde. Es ist bei der Vielzahl der Werke, welche heute zur Verfügung steht, sehr schwer nachzuvollziehen, wann ein Werk erschaffen wurde. Eine klare Deklaration des Veröffentlichungsdatums gibt eindeutig Auskunft über die geforderte fixe Schutzdauer. Werke, welche nicht mit einem Veröffentlichungsdatum versehen werden, wären somit als gemeinfrei anzusehen. Es ist nur fair den Nutzern der Werke gegenüber, wenn man klar stellt, welche Rechte man an dem Werk hat.
Moderne Lizenzen wie Creative Commons gehen bereits klar in eine Richtung der besseren Kennzeichnung. Wir denken, dass ein staatlicher Schutz nur gewährt werden sollte, wenn man sich an gewisse Spielregeln hält. Die Fairness diktiert, dass man klar deklariert, wann man ein Werk gemeinfrei verwenden kann.
Unabhängig von der Möglichkeit der Nutzung der Werke sollte demjenigen Tribut gezollt werden, welcher seine Werke dem Kulturschatz der Welt hinzugefügt hat. Um diesem Wunsch nach Unsterblichkeit zumindest im Namen gerecht zu werden, halten wir es für wichtig, dass das Urheberrecht unabhängig von der Namensnennung betrachtet wird. Wir halten daher eine Mindestdauer von 100 Jahren nach Veröffentlichung für gerechtfertigt. Diese Grenze von 100 Jahren ist willkürlich gewählt. Mit der Grenze sollen unnötige Klagen für Namensrechte an Kunstwerken verhindert werden, bei welchen nur noch schwer zu eruieren wäre, wer die Urheber waren. Wir denken, bei einem Bereich von 100 Jahren ist dies im allgemeinen noch gewährleistet. Ausserdem übersteigt diese Zeitspanne in der Regel die Lebensdauer des Schöpfers.
Public Domain
Staatlich bezahlte Werke sind Public Domain
Forderung:
Urheberrechtlich geschützte Werke welche vom Staat bezahlt wurden sollen gemeinfrei sein. Werke, die im Auftrag von oder mit Mitteln des Staates erstellt wurden, sollen der Öffentlichkeit frei zugänglich sein. Daher sollten diese Werke unmittelbar nach ihrer Produktion, oder nach einer kurzen Schutzfrist, in die Public Domain, die Gemeinfreiheit überführt werden. Dazu zählen wir insbesondere Eigenproduktionen der öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Radiosender, Kunstwerke die durch Kulturfördermittel finanziert wurden, Kartenmaterial oder Forschungsergebnisse, die an staatlichen Hochschulen, in staatlichem Auftrag oder mit staatlichen Mitteln finanziert, erzielt wurden.
Die öffentlich-rechtlichen Radio- und Fernsehanstalten produzieren Informationssendungen, Nachrichten, aber auch lokale Unterhaltungsformate. Damit erfüllen Sie eine wichtige Aufgabe: Die Bevölkerung wird über Ereignisse im Land informiert und auch mit der Kultur der anderen Landesteilen konfrontiert. Dies fördert den Zusammenhalt und das gegenseitige Verständnis der Schweizer untereinander und hilft dabei, Personen mit Migrationshintergrund zu integrieren. Diese Sendungen sollen der Bevölkerung auch über die unmittelbare Sendezeit hinaus zur Verfügung stehen. Die öffentlich-rechtlichen Radio- und Fernsehanstalten sollen öffentlich zugängliche Archive unterhalten, auch im Internet. Sie konkurrieren damit die Privatwirtschaft nur bedingt, schliesslich kann diese Ihre Produktionen in der selben Weise anbieten (und tut das oft bereits).
Werden Künstler mit Kulturfördermitteln unterstützt, soll die Bevölkerung von den dadurch ermöglichten Werken profitieren. Natürlich ist auch der Anspruch des so geförderten Künstlers verständlich, von seinen Werk profitieren zu können. Wir schlagen daher einen Kompromiss vor: Der Künstler soll während einer Schutzfrist sein Werk vermarkten können. Erst danach wird es gemeinfrei.
Im Auftrag des Bundes, der Kantone und Gemeinden werden geographische Daten gesammelt und hochwertiges Kartenmaterial daraus erstellt. Dieses wird unter anderem genutzt, um Zonenpläne und Grundbücher führen zu können. Unternehmen zahlen viel Geld, um diese Informationen zu nutzen. Diese Daten sollten der Bevölkerung zur freien Verfügung gestellt werden, da sie für die Sammlung dieser Daten ja bezahlt hat. Zumindest für die nichtkommerzielle Nutzung sollen diese Daten daher im Internet frei zugänglich gemacht werden.
Das Thema Open Access, welches sich mit der Urheberrechtsfrage von staatlich finanzierter Forschung befasst, ist zu komplex, um im Rahmen dieses Textes behandelt zu werden. Es hat daher ein separates Positionspapier erhalten.
Staatlich rechtsverbindliche Normen sind frei zugänglich
Forderung:
Sämtliche für die Schweiz verbindlichen Normen müssen frei zugänglich sein
Gemäss Schweizer Urheberrecht sind amtliche Erlasse frei zugänglich. Allerdings kann der Gesetzgeber Normen als rechtsverbindlich erklären, die etwa durch den Schweizerischen Normenverband kostenpflichtig vertrieben werden. Dies ist nicht akzeptabel; aus Sicht der Piratenpartei sollen Normen entweder frei zugänglich sein oder dürfen durch den Staat nicht rechtsverbindlich erklärt werden.
Sonderrechte
Keine verwandten Schutzrechte für Sendeunternehmen
Forderung:
Sendeunternehmen sollen durch die Ausstrahlung von Sendungen keine verwandten Schutzrechte mehr erhalten. Sendeunternehmen (z.B. Radio, TV) erlangen durch die Ausstrahlung von Sendungen verwandte Schutzrechte, die sie gegenüber Dritten geltend machen können (URG Art. 37), obschon die Inhalte selbst in aller Regel einen Urheberrechtsschutz besitzen. Diese Regelung ist nicht zeitgemäss. Sie wurde zu einer Zeit erschaffen, in der Sendeunternehmen eine Spezialstellung inne hatten, da sie als einzige überhaupt die Möglichkeit besassen, Informationen unter einer grösseren Menge von Menschen zu verbreiten. Die Entwicklung wurde jedoch durch die Erschaffung des Internets demokratisiert: Fast allen Menschen steht diese Möglichkeit offen. Ob diese Angebote konsumiert werden, ist für den Vergleich unerheblich, da dies ja auch kein Faktor für die Erlangung der Schutzrechte durch die Sendeunternehmen darstellt. Im Weiteren führt diese Regelung zu merkwürdigen Konstellationen bei denen Anbieter für Alternativkanäle (z.B. Cablecom), Tantiemen für derartig verwandte Schutzrechte bei ihren Kunden einfordern müssen, obschon die Sendeunternehmen durch diese Anbieter der Alternativkanäle ein grösseres Publikum erreichen können (und damit z.B. den Marktwert der Werbefenster steigern), ohne Investitionsrisiko in zusätzliche Infrastrukturen. Insofern gibt es nur einen konsequenten Weg: Die Sendeunternehmen dürfen keine verwandten Schutzrechte durch die Ausstrahlung erlangen; das Urheberrecht ist bereits absolut ausreichend!
Durchleitungsrechte
Forderungen:
Wer heute eine Gemeinschaftsantenne betreiben will, also eine Sendung aus dem Äther in ein Kabelnetz überträgt, braucht dazu aufgrund von Artikel 37 des Urheberrechts eine Bewilligung des Senders. Ausserdem muss z.B. die Cablecom Urheberrechtsabgaben von ihren Kunden verlangen, obschon bereits die Sendeanstalten die Urheberrechte geregelt haben. Wir sind der Meinung, dass es ohne jegliche Einschränkung möglich sein soll, Inhalte von einem Medium in ein anderes Medium zu transferieren. Jeder soll jederzeit frei empfangbare Sendungen z.B. von einer Satellitenschüssel in ein Kabelnetz, oder auch in das Internet einspeisen dürfen.
Freie Weiterleitung
Art. 37 und 67h URG R streichen
Freistellung von Zugangsanbietern
Forderungen:
Zugangsanbieter und Datenübermittler dürfen nicht für übertragene Inhalte verantwortlich gemacht werden.
Die Netzneutralität im Internet muss gewährleistet sein.
Es sollen keine Daten auf Vorrat gespeichert werden, ganz besonders nicht zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen.
Dienstleistern, wie der Post, Internet Service Providern und weiteren Telekommunikationsunternehmen, deren Aufgabe einzig darin besteht, Daten ihrer Kunden zwischen mehreren Stellen zu übermitteln, darf nicht die Verantwortung aufgelastet werden, über die Rechtmässigkeit der Daten zu entscheiden, oder gar Filter einzubauen. Diese Entscheidung ist in vielen Fällen gar nicht möglich, weder aufgrund von Inhalt noch Form. In Bezug auf das Urheberrecht existieren einerseits bereits heute klare Schranken welche eine Nutzung ohne Einwilligung der Rechteinhaber regeln. Nicht einmal eine komplette Profilierung der Kunden, welche sich aus Datenschutzgründen verbietet, könnte in allen Fällen auf Seiten der Dienstleister klären, ob eine erlaubte Nutzung vorliegt oder nicht. Auch darf keine einseitige Unterbindung bestimmter Datenaustauschformen, wie etwa für Peer-to-Peer-Netzwerke, vorgenommen werden. Derartige Dienste werden insbesondere auch von vielen Urhebern mit alternativen Lizenzierungsmodellen wie Copyleft oder Creative Commons rechtmässig benutzt, da sie zu einer sehr einfachen Reduktion der Kosten für die Verteilung von Inhalten führen.
Eine Filterung des Internets, soweit die überhaupt möglich wäre, würde das wichtige Gut der Netzneutralität verletzen. Alle Daten sollen im Internet gleich behandelt werden. Nur so sichern wir die Freiheit, die Gleichberechtigung der Meinungsäusserungen und die Leistungsfähigkeit des Internets für die Zukunft.
Wenn Daten gespeichert werden, und diese auf richterliche Anordnung für die Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen verwendet werden können, dann ergibt sich daraus ein massiver Eingriff in den Datenschutz zu Gunsten der Verfolgung eines leichten Vergehens. Der Datenschutz ist ein wichtiges Gut, das entsprechend beachtet werden muss.
Verwertungsgesellschaften
Forderungen:
Urheber müssen trotz Mitgliedschaft in Verwertungsgesellschaften für die gezielte Nutzung ihrer Werke Creative Commons Lizenzen vergeben können.
Die Urheber müssen bestimmen können, für welche Werke sie die Lizenzen an die Verwertungsgesellschaften abgeben wollen und für welche Werke sie diese nicht abgeben möchten. Wir fordern also, dass nicht die Autoren sondern deren Werke von den Verwertungsgesellschaften vertreten werden.
Organisatoren von Anlässen sollen nur pro aufgeführtes Werk Abgaben leisten, wenn dieses von einer Verwertungsgesellschaft lizenziert ist. Heute muss ein Organisator für die gesamte Veranstaltung Abgaben leisten, auch wenn nur ein einziger Künstler der Verwertungsgesellschaft angehört.
Bei Aufführungen von eigenen Werken soll der Künstler direkt von den Organisatoren entschädigt werden können. Heute müssen die Abgaben an die Verwertungsgesellschaft geschickt werden, diese werden dann dem Künstler zurückerstattet (nach Abzug einer administrativer Gebühr).
Wir verlangen zudem, dass alle aufgenommenen Künstler eine Stimme in der Verwertungsgesellschaft erhalten. Heute ist die Stimmberechtigung an den Umsatz geknüpft.
Die Kopierabgaben und Leermedienabgaben sollen abgeschafft werden. Bis dies durchgesetzt ist, verlangen wir, dass die Abgaben klar auf allen Medien ausgewiesen werden.
Grundsätzlich sind Verwertungsgesellschaften eine sinnvolle Einrichtung, um die Lizenzen von Werken zu vertreten. Ein Veranstalter oder ein Verlag muss nicht bei jedem Lizenzhalter einzeln um eine Lizenz nachfragen, sondern kann alles über einen Kanal abwickeln. Die Autoren erhalten eine einfache Abrechnung und müssen sich nicht um die Administration kümmern. Die Mitgliedschaft ist hingegen sehr inflexibel und das Mitspracherecht der Künstler ist nicht gerecht gestaltet. Wir fordern eine Modernisierung der Verwertungsgesellschaften. Insbesondere soll es möglich sein, dass Künstler Rechte zur Vorführung ihrer Werke unter gewissen wohldefinierten Bedingungen selbst vergeben können, z.B. als Creative Commons Lizenzen [1].
Beim Aufführen eigener Werke wird der Umweg über die Verwertungsgesellschaften aufgezwungen. Die Verwertungsgesellschaft muss bezahlt werden, welche dann den Künstler entschädigt. Wir finden, dass dieser Zwang zur Administration unnötig ist und keinen Mehrwert für den Künstler schafft. Im Gegenteil, Organisatoren von Events werden Künstler bevorzugen, die der Verwertungsgesellschaft nicht angehören. Kulturkonsumenten müssen unnötige Administration bezahlen.
Es soll nicht sein, dass ein Künstler für sein gesamtes Werk entscheiden muss, ob es von einer Verwertungsgesellschaft verwaltet wird oder nicht. Diese Entscheidung soll pro Werk erfolgen und auch jederzeit geändert werden können. Die aktuelle Regelung beeinträchtigt die Freiheit der Künstler in ungerechtfertigtem hohem Mass. Die Leermedien- und Kopierabgaben ergeben heutzutage kaum noch Sinn, wo immer mehr Musik direkt aus dem Internet auf die MP3-Spieler oder den iPod geladen wird. Nicht selten wird diese Musik in Internetgeschäften gekauft und bezahlt. Eine Abgabe auf das Abspielgerät oder die Leermedien führt zu einer doppelten Bezahlung. Die Leermedien werden vermehrt nur zur persönlichen Datensicherung verwendet, und in Zukunft vielleicht nur noch als Zwischenspeicher verwendet um die Daten in die persönliche „Storage Cloud“ zu stellen. Die Zeiten, in denen man unter Freunden Kassetten oder selbstgebrannte CDs austauscht, sind bald definitiv vorbei. Warum soll man also eine Technologie mit Abgaben belasten, wenn sie kaum noch mit einer solchen Verwendung zu tun hat?
Folgende Verwertungsgesellschaften sind im Schweizer Urheberrecht vorgesehen:
SUISA: Verwertungsgesellschaft für die Rechte der Urheber musikalischer Werke
ProLitteris: Verwertungsgesellschaft für Literatur, Fotografie und bildende Kunst
SUISSIMAGE: Verwertungsgesellschaft für Urheberrechte an audiovisuellen Werken
SSA: Société Suisse des Auteurs für wort- und musikdramatische sowie audiovisuelle Werke
SWISSPERFORM: Leistungsschutzrechte für Performances (zum Beispiel klassischer Musik)
Fair Use
Forderungen:
Nichtkommerzielle Projekte in jeder Form sollen Werke frei nutzen dürfen.
Plattformanbieter, welche nichtkommerzielle Projekte beherbergen, sollen Einnahmen generieren dürfen.
Die Schranken für die Nutzung kombinierter Werke sollen gesenkt werden.
Zitate, z.B. Standbilder aus Filmen, Teile aus Musikstücken oder in Qualität und Auflösung reduzierte Bilder, sollen immer erlaubt sein.
Der Gesetzgeber hat bereits früh erkannt, dass man bestimmte grundlegende Schranken in das Urheberrecht einbauen muss. Diese Schranken erlauben die unautorisierte Nutzung von Werken in einem gesetzlichen Rahmen. Auch der Bundesrat und das Parlament sprechen sich für die Beibehaltung dieser grundsätzlichen Schranken aus: „Das Parlament hat nach intensiver Debatte von einer Einschränkung der gesetzlichen Erlaubnis zum Privatgebrauch abgesehen. Sie ist unverhältnismässig, mit dem Schutz der Privatsphäre unvereinbar und führt zu einer unerwünschten Massenkriminalisierung des Konsumenten. Dieselben Bedenken stehen auch einer Einführung einer gesetzlichen Regelung im Sinne der französischen Lösung entgegen, bei welcher Privatpersonen im Wiederholungsfall der Internetzugang gesperrt wird.“ [1]
Die Piratenpartei betrachtet den Internetzugang durch das Recht auf Information und Kommunikation als Menschenrecht, welches weder behindert noch eingeschränkt werden darf.
Neben der Vervielfältigung für private Zwecke oder dem Benutzen von Zitaten halten wir auch weitere Verwendungen für „fair“, welche im Moment nicht, oder nur unzureichend, durch den Gesetzgeber abgedeckt werden. Fair Use, d.h. eine angemessene Nutzung von Werken, ist auch eine Werbung für den Künstler und daher auch in seinem Interesse.
Bearbeitungen von Werken
Die nichtkommerzielle Verbreitung von bearbeiteten Inhalten sollte generell frei werden. Das heisst Werke wie Urlaubsfilme mit Musikuntermalung, Mash-Ups, Remix-Versionen von Audiotiteln, Collagen, etc. sollen frei über Plattformen wie YouTube, MySpace, Flickr, etc. verbreitet werden dürfen. Die Plattformanbieter dürfen Einnahmen z.B. über Werbung generieren, aber nicht durch den Verkauf der Werke. Der Ersteller solcher kombinierten Werke darf allerdings kein Geld verdienen.
Vereinfachte Lizenzierung von kombinierten Werken
Kombinierte Werke, welche man auch kommerziell verwerten will, erfordern eine vereinfachte Einwilligung durch den Urheber. Die Beschränkung der Schutzdauer würde in diesem Bereich bereits vieles vereinfachen. Während das Urheberrecht aber noch gültig ist, sollte die Lizenzierung vereinfacht werden, jedoch nicht zu Lasten der Intention von Copyleft-Lizenzen.
Erweitertes Zitier-Recht
Zitate, wie sie z.B. in Enzyklopädien verwendet werden können, sollen immer erlaubt sein. Zitieren dürfen soll man nicht nur Texte, sondern auch Musikstücke, Filme und Bilder. Ein Zitat ist ein Teil eines Werkes. Bei Bildern kann es auch eine reduzierte Qualität oder ein Ausschnitt des Originals sein. Ein Zitat umfasst nicht einen wesentlichen Teil des Originals und ist in einen kommentierenden Kontext eingebettet, der selbst wiederum ein eigenes Werk, oder zumindest einen Mehrwert darstellt.
Gerade Enzyklopädien, welche der Allgemeinheit Wissen und ein weites Repertoire an Inhalten zur Verfügung stellen, profitieren von einem erweiterten Zitier-Recht. Kunst und Information muss der breiten Öffentlichkeit in wissensvermittelnder Form zur Verfügung stehen. Bildung und Information sind wichtige Bestandteile des Lebens im 21. Jahrhundert. Der Zugang dazu darf nicht nur einer privilegierten Minderheit zustehen. Wikipedia ist eines der erfolgreichsten Wissensprojekte im Internet. Tausende Freiwillige schaffen in akribischer Kleinarbeit eine Wissenssammlung, welche der Menschheit im Allgemeinen dienlich ist. Die Urheber dieser Artikel müssen ein Anrecht darauf haben, möglichst gute Information, Abbildungen und Zitate zu nutzen ohne Angst zu haben, dass solche Projekte mit Klagen überhäuft werden.
Technische Schutzmassnahmen
Forderungen:
DRM soll verboten werden. Bis dahin müssen alle Geräte und Software klar gekennzeichnet werden, wenn sie DRM verwenden.
Umsetzung: Art.39a soll durch ein DRM-Verbot ersetzt werden. Art. 39b wird dadurch nichtig, eine technische Fachstelle braucht es nicht mehr.
Regionale Beschränkungen für die Verbreitung eines Werkes soll verboten werden.
Die Umgehung technischer Zugangsbeschränkungen, sowie die Herstellung und Verbreitung entsprechender Werkzeuge, soll explizit erlaubt werden.
DRM – Digital Rights Management, seitens der Gegner auch Digital Restricition Management genannt, ermöglicht den Anbietern von digitalen Inhalten (Video, Musik und Text), die Endnutzer direkt zu kontrollieren. Das heisst: Der Anbieter installiert Software auf den Geräten der Endnutzer, um genau bestimmen zu können, wie Inhalte durch die Endnutzer konsumiert werden.
Wir alle sind von dieser orwellschen Kontrolle betroffen, wodurch wir nicht selbst bestimmen können, was genau auf unseren eigenen Geräten passiert. Stattdessen wird dies von aussen bestimmt. Wir finden, dass es in einer von Freiheit und Demokratie geprägten Gesellschaft keine Begründung gibt, die es ermöglicht, das Eigentum eines Einzelnen durch Dritte zu kontrollieren und zu überwachen. (Das jüngste Beispiel ist das Vorhaben, digital aufgenommene Fernsehsendungen so zu kodieren, dass die Werbung nicht übersprungen oder gespult werden kann.)
Trotzdem existieren bereits Gesetze, die genau dies ermöglichen. In der Schweiz ist das Umgehen von Kopierschutz für die Erstellung einer privaten Kopie zwar erlaubt, Software die dies ermöglicht ist jedoch nicht verfügbar. Es sollte zwar eine Fachstelle geben, welche auch die Interessen der Konsumenten wahr nimmt, aber sie existiert noch nicht. Sie sollte beim Institut für Geistiges Eigentum angesiedelt werden. Wir finden, dass das gesetzmässige Nutzen von eigenen Geräten in keiner Form verboten werden darf. Genau darauf zielen jedoch Verbote von Umgehungssoftware ab. So ist es z.B. heute nicht möglich, Blu-Ray-Discs unter einem Linux-Betriebssystem abzuspielen. Solches muss unserer Ansicht nach aber immer legal möglich sein.
DRM ist nicht vereinbar mit dem Interesse der öffentlichen Hand, dort wo es notwendig ist, die volle Kontrolle über die Daten, Entscheide und Prozeduren zu behalten. Die Öffentlichkeit muss zu jeder Zeit vollen und freien Zugang zu öffentlichen Inhalten haben. So ist DRM beispielsweise ein Hindernis für Bibliotheken und öffentliche Archive. Mehr Details zu DRM und weitere Links finden sich auf der deutschen Seite von Wikipedia, http://de.wikipedia.org/wiki/Digitale_Rechteverwaltung. Siehe insbesondere auch http://DRM.info/
Eine Sonderform in den technischen Zugangsbeschränkungen sind sogenannte Regionalcodes. Die Welt wird dabei in Regionen aufgeteilt. Medien, die in einer Region verkauft werden, sind in einer anderen nicht abspielbar. Wir fordern, dass auch Regionalcodes untersagt werden. Jedes Werk, das irgendwo auf der Welt verkauft wird, darf auch in die Schweiz importiert werden, und jedes Werk, das in der Schweiz angeboten wird, darf auch an jeden Ort der Welt exportiert werden.
Wir fordern auch, dass die Umgehung bestehender technischer Schutzmassnahmen ausdrücklich erlaubt sein soll. Insbesondere soll es uneingeschränkt erlaubt sein, Werkzeuge zur Umgehung oder Entfernung technischer Schutzmassnahmen zu entwickeln und zu vertreiben. An Universitäten und technischen Hochschulen soll an der Umgehung technischer Schutzmassnahmen geforscht werden können.
Tauschbörsen
Forderungen:
Die einfache Nutzung von Tauschbörsen zu privaten Zwecken soll erlaubt sein.
Es soll zwischen privater und kommerzieller Nutzung unterschieden werden. Nur kommerzieller Nutzung soll geahndet werden.
Ahndungen müssen einzelfallbezogen sein und als Antragsdelikt behandelt werden.
Zivilklagen müssen ausgeschlossen bleiben, insbesondere gegen Internetprovider.
Filesharing ist das Weitergeben von Dateien zwischen einzelnen Nutzern des Internets. Es gibt viele verschiedene Technologien, die Datei-Tauschbörsen verwirklichen. Nach den Klagen in den USA gegen zentrale Dienste wie Napster sind heute vollständig dezentralisierte Tauschbörsen wie BitTorrent im Einsatz.
Unser Anliegen ist es, die einfache Nutzung solcher Dienste zu privaten Zwecken explizit zu legalisieren. Es kann nicht zwischen „Downloader/Konsument“ und „Uploader/Anbieter“ unterschieden werden, denn bei BitTorrent zum Beispiel wird man beim Download von Dateien automatisch auch zum Anbieter. Auch urheberrechtlich geschützte Inhalte kann man über solche Kanäle erhalten, wenn zum Beispiel jemand einen aus dem Fernsehen aufgenommenen Spielfilm ins Netz stellt.
Kommerzieller Nutzen darf hingegen aus solchen Aktivitäten keiner entstehen. In der Rechtsprechung der Schweiz wird noch nicht genau definiert, was „gewerbliche Nutzung“ bedeutet. Dies sollte nachgeholt werden, damit hier ein fairer Unterschied gemacht werden kann. Wir definieren „gewerblich“ so, dass ein Gewinn erzielt wird.
Pauschalklagen gegen Internetprovider zum Erzwingen von netzweiten „Schutzmassnahmen“ müssen ausgeschlossen bleiben, sonst öffnet das Tür und Tor für einen Internet-Überwachungsapparat. Die Verstösse müssen wie Antragsdelikte behandelt werden, zum Beispiel wie ein Verstoss gegen ein richterliches Parkverbot. Die Bussen sollten sich am Umfang des Verstosses messen, aber mit einer Obergrenze versehen werden.
Ob die Urheber für allfällige Verluste entschädigt werden sollten, zum Beispiel mittels einer Kulturflatrate oder ähnlicher Konzepten, muss noch weiter verfolgt werden. Manche Künstler (vor allem Musiker, aber auch Filmschaffende) sind erst wegen der Verteilung ihrer Werke in den Tauschbörsen bekannt geworden.
Werkserstellung im Auftrags-/ Arbeitsverhältnis
Forderung:
Im Gegensatz zu Patenten und Designs, die im Arbeitsverhältnis entstehen (OR Art. 332), existiert keine entsprechende Regelung für Werke, die im Arbeitsverhältnis geschaffen werden. Einzig für Programme findet sich eine Regelung (URG Art. 17), welche aber auch nicht mehr der heutigen Zeit entspricht. Zum einen ist nicht geklärt, welche Teilrechte die „ausschliessliche Verwendungsbefugnis“ einschliesst, andererseits ist die Regelung in vielen Bereichen unzureichend: Reine „Programme“ in diesem Sinne gibt es kaum noch; die Mehrheit der heute verwendeten Programme sind audiovisuelle Verbundswerke. Derartige Unklarheiten für Werke im Arbeitsverhältnis führen immer zu zahlreichen juristischen Streitigkeiten und verzögern zudem den Einsatz neuer Nutzungsformen. Die Piratenpartei fordert daher, dass dieser Missstand behoben wird. Wir schlagen eine Regelung analog OR Art. 332 vor.
Die Werkserstellung im Auftrags- oder Arbeitsverhältnis soll klar geregelt werden.
Folgen
Internationale Verträge
Folgerungen:
Es braucht einen Wandel in der internationalen Politik bezüglich des Urheberrechts.
Die Schweiz muss sich international für eine Lockerung des Urheberrechts einsetzen.
Dieser Abschnitt verdeutlicht, dass unsere Forderungen auch international Wirkung entfalten müssen. Die Piratenpartei Schweiz soll sich in der PPI dafür engagieren, dass dieser Wandel kommt. Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst Diese Übereinkunft aus dem Jahre 1886 ist der Grundstein fast aller moderner Urheberrechte. Die Schutzfristen wurden auf 50 Jahre nach dem Tod des Autors gesetzt. Diese Mindeststandards waren nach diesem Übereinkommen nicht mehr nur pro Land sondern für alle Vertragsnationen gültig. Es war damit erstmals möglich, seine Werke nicht nur im Herstellungsland zu schützen. Die USA traten der Berner Übereinkunft nicht bei. Erst 1952 wurde das Welturheberrechtsabkommen beschlossen, welches auch von den USA ratifiziert wurde. Die Schweiz müsste nach unseren Vorstellungen diesen Vertrag kündigen und sich dafür einsetzen, dass Verträge, welche darauf beruhen, in den Internationalen Organisationen WIPO (World Intellectual Property Organization) und WTO neu verhandelt werden. Es ist nicht auszuschliessen, dass ein Austritt aus der WIPO nötig wäre.
WTO
Mit den TRIPS-Verträgen wurden auch viele Nichtunterzeichner der Berner Übereinkunft und Nichtmitglieder der WIPO dazu gezwungen, einen grossen Teil der Berner Übereinkunft zu übernehmen. Eine Verhandlung in der WTO würde sich sehr wahrscheinlich schwierig gestalten. Eine Zusammenarbeit mit anderen Staaten, welche das Urheberrecht beschneiden wollen, wäre hier wichtig. Die Schweiz könnte eine Vorreiterrolle übernehmen und mit den Schwellenländern zusammenarbeiten, welche zu vielen Eingeständnissen gezwungen wurden.
EU
Die EU geht noch über die Regeln der Berner Übereinkunft hinaus und verlangt einen Mindestschutz von 70 Jahren über den Tod hinaus. Auch die Schweiz hält sich an diese Vorgabe. Wir halten diese Regeln für ungeeignet und sehen hier eine enge Zusammenarbeit mit anderen Ländern vor. Es wird nicht möglich sein, ohne Druck aus mehreren Staaten, diese Regeln zu revidieren.
WIPO
Wir halten die WIPO, welche als neutrale Partei gegründet wurde, heute für eine internationale Lobbyorgansiation der Verwerter von geistigen Monopolrechten. Die WIPO verwaltet 24 internationale Übereinkommen zu geistigen Monopolrechten. Mitglieder sind nicht verpflichtet alle Verträge zu übernehmen. Da die meisten dieser Verträge aber mit den Forderungen in diesem Papier nicht kompatibel sind, ist die vertiefte Auseinandersetzung über einen möglichen Austritt aus der WIPO zu führen.
Appendix A: Geschichte des Urheberrechts
Das Urheberrecht hat verschiedene Wurzeln, zunächst hatte ein Künstler keinerlei Einkommen, die einzige Möglichkeit war das Mäzenatentum. Bis zur Erfindung des Buchdrucks im 15. Jahrhundert war ein Werk immer an ein physisches Objekt gebunden. Kopieren war nicht nur nicht verboten, kopieren ware eine Passion und im hohen Masse erwünscht. Nur auf diesem Wege konnten sich geistige Werke überhaupt verbreiten. Erst mit dem Buchdruck wurde es möglich, Kopien in grosser Zahl herzustellen.
Der Buchdruck war für die Herrschenden eine Gefahr: Plötzlich war es möglich Meinungen in grosser Zahl zu verbreiten. Eine Botschaft war plötzlich viel schneller zu verbreiten. Die erste Informationsrevolution führte dazu, dass Staaten Monopole an Drucker vergaben welche als Gegenleistung für ihre Zensur das ausschliessliche Recht zum Drucken erhielten.[2]
Nicht alle Länder führten sofort Urheberrechte ein, und das hatte Auswirkungen auf die Kreativität. Während in Grossbritannien mit dem „Statute of Anne“ bereits 1710 ein Urheberrecht für Buchdrucker eingeführt wurde, wurde in Deutschland erst 1837 durch die Preussen ein vergleichbares Gesetz erlassen. Obwohl diese Gesetze eigentlich die Rechte der Buchautoren schützen und ihnen dadurch ein geregeltes Einkommen verschaffen sollten, führte es geradewegs zum Gegenteil. Die Verleger in Grossbritannien machten Bücher zur Luxusware, die nur in kleinen Auflagen gedruckt wurde, da sie ja den Urheber bezahlen mussten. Währenddessen trieb es Deutsche Autoren zu ungeheurer Kreativität an, dass sie ständig neue Werke verfassen mussten, wollten sie gegenüber der Konkurrenz wahrgenommen werden (um 1843 rund 14’000 Publikationen pro Jahr, gegenüber nur rund 1000 in Grossbritannien). Die einzigen Einnahmen stammten aus der ersten Auflage ihrer Texte. War der Text beliebt, wurde er umgehend von anderen Druckereien nachgedruckt und weiterverbreitet. Dadurch waren einerseits die Auflagen in Deutschland viel höher und andererseits die Buchpreise viel niedriger. Trotzdem verdienten die Autoren in Deutschland meist mehr, denn sie waren hier gegenüber den Verlagen in einer stärkeren Verhandlungsposition, da sich diese um Nachschub für ihre Druckerpressen rissen[3]. Es ist davon auszugehen, dass die gegenwärtige Explosion der Kreativität im Internet ebenfalls auf den lockereren Umgang mit dem Urheberrecht zurückzuführen ist.
Die Schutzfristen der Urheberrechtsgesetze wurden im Laufe der Zeit immer weiter ausgedehnt. Bereits 1810 wurde der im „Statute of Anne“ definierte Schutz von 21 auf 28 Jahre oder bis zum Tode des Autors ausgeweitet. Der Schutz galt bis dahin aber eigentlich immer nur im eigenen Land. Es gab keine Möglichkeit für einen Engländer seine Werke auch in den USA schützen zu lassen.
Mit der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst wurden 1886 die Schutzfristen auf 50 Jahre nach dem Tod des Autors gesetzt und in den Unterzeichnerstaaten erstmals international durchsetzbar. Das System in den USA war und ist in vielen Bereichen noch heute liberaler. Ein Beitritt zur Berner Übereinkunft lehnte die USA ab. Das „Fair Use“ wird in den USA noch heute gross geschrieben und führt zu Milliardenumsätzen[4]. In den USA wurde 1998 der hierzulande als Micky-Maus-Schutzgesetz bezeichnete „Copyright Term Extension Act“ eingeführt. Dadurch wurden die Fristen auf 70 Jahre nach dem Tod der Urheber und zwischen 75 und 90 Jahren für Unternehmen verlängert. Auch die EU fordert von ihren Mitgliedsstaaten eine Mindestschutzfrist von 70 Jahren.
Erst in jüngster Vergangenheit wurde von Medienproduzenten begonnen, die Konsumenten zusätzlich zu den gesetzlichen Einschränkungen mit Hilfe technischer Kopierschutzmassnahmen weiter einzuschränken. Alle Medien vor Mitte der 1990er Jahre (Schallplatten, Video- und Tonbandkassetten, Disketten und CDs) waren ungeschützt und konnten von den Konsumenten problemlos zu privaten Zwecken vervielfältigt werden. Die DVD führte dann den CSS-Kopierschutz und die Regionalcodes ein, die einem Konsumenten das Abspielen legal erworbener Datenträger aus anderen Kontinenten verweigerten und auch nicht mehr ganz so trivial zu kopieren waren. Computer- und Video-Spiele und Musik-CDs wurden Anfang des 21. Jahrhunderts immer öfter mit Kopierschutz ausgestattet. Konsumenten konnten dadurch ihre legal erworbene Musik auf älteren Abspielgeräten oder Autoradios nicht mehr abspielen. Mittlerweile werden nicht nur Video-Datenträger sondern auch immer mehr Fernseh- und Radio-Sender nur noch verschlüsselt übertragen. Die neusten Entwicklungen halten Konsumenten sogar davon ab, Sendungen aufzuzeichnen oder Werbung zu überspringen.
Parallel dazu erwachsen den klassischen Medienkonzernen durch die nicht mehr unidirektionale Kommunikation im Internet neue Konkurrenz durch unzählige privat produzierte Inhalte in Blogs oder durch Bilder- und Film-Plattformen.
Appendix B: Argumentarium
Diejenigen, welche die sogenannte Internet-Piraterie bekämpfen, sehen darin eine massive Gefahr für Ihre Einnahmen. Es herrscht die Vorstellung, dass für jedes heruntergeladene Musikalbum, jeden Film, etc. eine CD oder DVD weniger verkauft würde. Dies ist natürlich auch eine grossartige Ausrede dafür, wenn die x-te Retortenband, die n-te Hollywood-Fliessband-Produktion oder das neuste Ballerspiel ab Stange floppt. Tatsächlich ist jedoch trotz der heute allgegenwärtigen Internet-Verfügbarkeit der Gesamtumsatz der Medienindustrie nur leicht zurückgegangen. Studien in den USA (2005)[5] belegen, dass Filesharing die Einnahmen der Musikindustrie um höchstens 0,01% schmälern. Der restliche Rückgang ist wohl eher dadurch zu erklären, dass Konsumenten nicht immer noch mehr vom Gleichen wollen, sondern stets auch einen Neuigkeitswert wünschen. Das kann man gut an Fortsetzungen von Filmen und Computer- und Videospielen erkennen, aber auch daran, dass erfolgreiche Musiker oder Fernseh- und Buchserien sich selber immer weiterentwickelt haben. Bleiben sie stehen, werden die Fans dies eine Weile lang tolerieren, aber irgendwann ist die Luft draussen. Kunst und Kultur funktioniert nicht nach dem Prinzip der industriellen Massenproduktion, sondern muss immer wieder neu erfunden und weiterentwickelt werden. Hierin unterscheidet sich geistiges Eigentum fundamental von realem, physischen Eigentum. Darum darf geistiges Eigentum auch nicht bis in alle Ewigkeit geschützt werden. Es würde dadurch jede Innovation blockiert. Auch neue Künstler sollen ihre Chance erhalten und sich etwas Neues auf den Schultern ihrer Vorgänger erarbeiten dürfen.
Studien in Frankreich (2005)[6], Kanada (2007)[7], den Niederlanden (2009)[8] und Norwegen (2009)[9] belegen immer wieder aufs neue, dass gerade die Internetpiraten grob in zwei Gruppen fallen: Einerseits Personen, die sich die heruntergeladenen Werke nie geleistet hätten oder hätten können (Erwerbslose, Kinder, Jugendliche) und Fans und Sammler, die bereits überdurchschnittlich viele (eine Studie spricht hier gar von 10 mal mehr als der durchschnittliche Konsument) Medien gekauft haben und ihre Sammlung über Filesharing erweitern. Leider führt gerade das oft hart durchgesetzte Urheberrecht zu der abstrusen Situation, dass Werke nicht überall verfügbar sind. Bei vielen Medien lohnt sich die Lokalisierung und Vermarktung nicht, weil die Zielgruppe im entsprechenden Land zu klein ist. Oder es dauert einige Monate bis Jahre, bis ein Film, Buch oder eine Fernsehserie im eigenen Land läuft/verkauft wird. Der Konsument greift hier zur Selbsthilfe, wenn er nichts verpassen will. Dies hält ihn dann aber oft nicht davon ab, diese Medien später auch noch zu kaufen.
Als Produzent sollte man jedoch die Wünsche der Konsumenten respektieren. Ein Werk von einer Tauschbörse heruntergeladen, ist auf den wesentlichen Inhalt reduziert, sowie sofort und überall abspielbar. Eine DVD oder BlueRay z.B. beginnt oft mit dem nervigen Hinweis, dass kopieren verboten sei, dann folgt in der Regel eine Alterskennzeichnung und nicht selten Werbung. Diese störenden und zeitraubenden Hinweise können in der Regel nicht übersprungen werden. Ausserdem ist die DVD/BlueRay noch mit einem Kopierschutz versehen, der z.B. die Bereitstellung auf dem heimischen Mediaserver oder im mobilen Abspielgerät verhindert. So kommt es, dass die potentiellen Kunden die Wahl haben, sich ihre Medien aus dubiosen, kaum legalen Quellen in der gewünschten Qualität, ohne störende Hinweise und ohne Kopierschutz gratis zu besorgen, oder aber ein Medium mit all seinen Nachteilen zu kaufen. Viele Kunden wären hingegen gern bereit, für ein Angebot, welches ihnen genau das liefert, was sie wollen, auch etwas zu bezahlen. Dieses Angebot kann ein Download-Hoster übernehmen, oder aber der Rechteinhaber. Viele würden wohl den seriösen Rechteinhaber bevorzugen. Es hat sich gerade bei den Musikanbietern gezeigt, dass legale Angebote für MP3-Dateien in guter Qualität und ohne Einschränkungen gerne angenommen werden.
Es ist völlig legitim, wenn man als Künstler, Autor oder Produzent an seinen Werken verdienen möchte. Dies wollen wir nicht verbieten und möchten hier Wege aufzeigen, wie ein Geschäftsmodell mit Filesharing in Einklang gebracht werden kann. Zuallererst darf man den Internetpiraten nicht mehr als Feind stigmatisieren, sondern muss ihn als Fan und potenziellen Konsumenten wahrnehmen. Wenn sich jemand die Mühe macht und seine Bandbreite opfert, um an ein Werk zu kommen, signalisiert er damit Interesse. Darum sollte man sich bemühen, die Verbreitung des Werkes aus den Händen anonymer Fans und in die eigenen zu nehmen. Wenn heruntergeladen wird, dann wenigstens zu den eigenen Konditionen. Das Werk sollte klar lizenziert sein, Creative Commons Lizenzen[10] eignen sich dazu hervorragend, da man sich damit z.B. die kommerzielle Nutzung vorbehalten kann. Es ist durchaus auch sinnvoll, dass man am Anfang des Werkes einen kurzen Hinweis auf Autor, Webseite und Lizenz einblendet, je nach Medium sind dazu die expliziten Metafelder sinnvoller (z.B. ID3-Tags bei MP3-Dateien). Idealerweise verteilt man das Werk auch selber auf entsprechenden Internet-Plattformen (siehe unten). Viele dieser Plattformen bieten die Möglichkeit, über Kommentare mit den Besuchern in direkten Kontakt zu treten. Dies ist allgemein ein wichtiger Punkt: Über die verschiedenen Dienste im Internet kann man direkt mit Fans und künftigen Konsumenten in Kontakt treten. Das ist zwar nicht immer nur freundlich, aber bindet die treuen Fans um so stärker ans eigene Werk. Und man kann so auch die eigene Unabhängigkeit gegenüber Medienkonzernen und Contentdistributoren zurückgewinnen.
Mittlerweile gibt es unzählige Beispiele von Medienschaffenden, die ihre Werke auf diese Art verbreiten und damit auch gutes Geld verdienen:
Der kanadische Science-Fiction-Romanautor Cory Doctorow veröffentlicht seine Romane nicht nur in gedruckter Form, sondern auch stets unmittelbar nach Veröffentlichung auf seiner Webseite cra-phound.comals Gratis-Download unter der Creative Commons „Namensnennung/Nicht kommerziell/Weitergabe unter gleichen Bedingungen“ Lizenz. Dadurch erlaubt er zwar seinen Fans die legale Weiterverbreitung und das Remixen (einige Romane wurden beispielsweise von seinen Anhängern ins Deutsche übersetzt), behält sich selbst aber die kommerzielle Nutzung vor. Die Namensnennung sichert ab, dass er stets als Autor des Werkes anerkannt bleibt und dient natürlich auch der Werbung. Neben seinen Romanen bloggt er als Co-Autor von BoingBoing.net, dem Verzeichnis wunderbarer Dingeund betätigt sich als Aktivist für die Liberalisierung des Urheberrechts und für die EFF und Creative Commons.
Mittlerweile gibt es mehrere Internet-Plattformen für verschiedenste Musikrichtungen, die es Musikern erlauben, ihre Werke Konsumenten unter freiheitlichen Lizenzen zur Verfügung zu stellen. Zu den bekannteren gehören jamendo.com, sonicsquirrel.net und Musopen (klassische Musik).
Auch erste Fernsehserien können kostenlos heruntergeladen werden. Die Serie Pioneer Oneliess sich erst über das Internet vorfinanzieren bevor mit der Produktion begonnen wurde. Andere erfolgreiche Webserien waren Pure Pwnage, welche mittlerweile auch im kanadischen Fernsehsender Showcase gezeigt wird, die Flash-Animation Happy Tree Friends, sehr erfolgreich als DVD und später auch auf diversen Fernsehsendern und Dr. Horrible’s Sing-Along Blog, welches während des Drehbuch-Autoren-Streiks in den USA 2007/2008 entstand.
Es gibt unzählige Webcomics, welche meistens als tägliche oder wöchentliche Fortsetzungsgeschichte bereits während der Entstehung veröffentlicht werden. Während einige Comics unter freiheitlichen Lizenzen veröffentlicht werden, wie Beispielsweise xkcd, behalten sich die meisten Seiten alle Rechte vor und erlauben nur die kostenlose Betrachtung der Comics auf der jeweiligen Webseite. Da ein Kopierschutz bei Webseiten systembedingt nicht möglich ist, werden die Möglichkeiten der Konsumenten, private Kopien anzufertigen, hier nicht eingeschränkt. Die meisten Webcomics verdienen ihr Geld über Merchandising, den Verkauf von Alben bereits abgeschlossener Handlungsbögen und über Werbebanner. Bekanntere Webcomics sind unter anderem Userfriendly, CTRL+ALT+DEL und Der Tod und das Mädchen.
Viele weitere Plattformen laden die Internet-Bewohner dazu ein, ihre Werke mit dem Rest der Welt zu teilen, z.B. Videos auf Youtube, Dokumente und Folien auf Scribd, Kartenmaterial auf OpenStreetMap oder Pläne für den 3D-Drucker auf Thingiverse. Auch kann man seine Projekte über das Internet vorfinanzieren lassen, ein Beispiel dafür ist Kickstarter.
Wir Piraten halten daher fest, dass wir das private, nicht kommerzielle Kopieren und Verbreiten von Medien im Gegensatz zum klassischen, kommerziellen Plagiat für legitim halten.
Quellen
[1] Curia Vista: Antwort des Bundesrats auf Postulat 10.3263
[2] Von Buchdruck bis Filesharing
[3] Geschichte und Wesen des Urheberrechts, Höffner, 2010
[4] USA verdient Billionen an Fair Use
[5] The Effect of File Sharing on Record Sales: An Empirical Analysis, Oberholzer/Strumpf, 2005
[6] P2P Music-Sharing Networks: Why Legal Fight Against Copiers May be Inefficient?, Rochelandet/Le Guel, 2005
[7] The Impact of Music Downloads and P2P File-Sharing on the Purchase of Music: A Study for Industry Canada, 2007
[8] Ups and downs, 2009
[9] Study finds pirates 10 times more likely to buy music, Guardian, 2009
[10] Creative Commons
Unterstütze uns!
Du findest gut, was wir machen?
Bitte unterstütze unsere Arbeit mit Deiner Mitgliedschaft und/oder einer Spende.
Wir freuen wir uns über einen finanziellen Zustupf!
Mit dem QR-Code kannst du über TWINT spenden.
Zahlungsverbindung:
- Piratenpartei Schweiz, 3000 Bern
- Postfinance Konto: 60-307660-3
- IBAN: CH32 0900 0000 6030 7660 3
- BIC: POFICHBEXXX
- Bei Mitgliedschaftsbeiträgen gib dies bitte im Kommentar an.
Bitte beachte, dass laut Statuten Spenden von juristischen Personen oder Privatspenden über CHF 500 pro Rechnungsjahr zwecks Transparenz veröffentlicht werden.
Bei Fragen erreicht ihr den Schatzmeister unter finance@piratenpartei.ch